Die Christen, Europa und der Klimawandel
36. Evangelischer Kirchentag vom 24. bis 28. Mai soll einer der Höhepunkte im Reformationsgedenkjahr werden
- „Du siehst mich“lautet das biblische Leitwort des Deutschen Evangelischen Kirchentags in Berlin und Wittenberg vom 24. bis 28. Mai in Berlin und Wittenberg. Der Titel entstammt dem Vers im ersten Buch Mose der Bibel, Kapitel 16.
Die 36. Auflage unterscheidet sich in mindestens zwei Punkten von seinen Vorgängern. Er findet nicht nur in der Hauptstadtregion um Berlin und Potsdam statt, sondern endet mit einem großen Abschlussgottesdienst im 100 Kilometer entfernten Wittenberg. Und er wird nicht allein von der protestantischen Laienbewegung verantwortet, sondern auch von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Beides hängt zusammen, denn das Christentreffen vom 24. bis 28. Mai soll einer der Höhepunkte im Reformationsgedenkjahr 2017 werden, auch wenn sich nur wenige der Einzelveranstaltungen mit Martin Luther oder der Reformation als solcher befassen. Kirchentags-Generalsekretärin Ellen Ueberschär bezeichnet das Großevent als „angewandte Reformation“.
Im Schatten von Obama
Zahlreich ist im Wahljahr die PolitProminenz vertreten, an ihrer Spitze Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie fast die komplette Bundesregierung. Auch der neue SPD-Vorsitzende Martin Schulz wird erwartet, und für die Grünen ist die ehemalige Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt dabei. Die ungeliebte AfD wird – anders als im vergangenen Jahr beim Katholikentag in Leipzig – auf einem Podium präsent sein, bei dem es um die Frage „Christen in der AfD?“gehen soll. Mit der Vorsitzenden der entsprechenden Bundesvereinigung, Anette Schultner, diskutiert dabei der Berliner Bischof Markus Dröge, der sich mehrfach kritisch zu der Partei geäußert hat.
Dieses Podium dürfte allerdings ebenso wie alle anderen am Donnerstagvormittag im Schatten des Auftritts von Ex-US-Präsident Barack Obama stehen, der zur gleichen Zeit, ab 11 Uhr, vor dem Brandenburger Tor mit Kanzlerin Merkel zum Thema „Engagiert Demokratie gestalten“diskutieren wird. EKD-Reformationsbotschafterin Margot Käßmann sagt, Obama verkörpere „als Zugpferd“die Internationalität des „Reformationssommers“. Dagegen kritisierte etwa der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, es handele sich um eine „reine Showveranstaltung“. Politische Schwerpunktthemen sollen nach Angaben Ueberschärs unter anderem Europa und der Klimawandel sein. Zum Thema Flüchtlinge gibt es nicht nur eine Podienreihe und ein „Begegnungszentrum Willkommenskultur“, sondern auch eine Schweigeminute am KirchentagsFreitag bei allen Veranstaltungen um 12 Uhr zur Erinnerung an die mehr als 10 000 umgekommenen Geflüchteten. „Wir wollen uns mit klarer Haltung, aber auch offen im Gespräch auf andere Sichtweisen einlassen“, so Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au Heymann. Dialog – etwa auch mit dem atheistischen Humanistischen Verband – sei „die Grundhaltung dieses Kirchentags“.
Auch Ökumene und interreligiöser Dialog gehören traditionell dazu. Als Gäste werden etwa der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der
Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos, sowie erstmals der Primas der anglikanischen Kirche, Erzbischof Justin Welby, erwartet. Während es zum interreligiösen Dialog eigene Zentren „Juden und Christen“sowie „Muslime und Christen“gibt, ist das Thema Ökumene allerdings auf einen „Thementag“eingedampft.
Nicht zuletzt wird beim Evangelischen Kirchentag Deutschlands erster Segensroboter „Bless 2U“die Blicke auf sich ziehen. Er begrüßt sein Gegenüber mit: „Guten Tag! Hello! Bonjour! Kann ich Sie segnen?“