Nordkorea provoziert erneut mit Raketentest
Die Regierung in Pjöngjang erprobt einen ballistischen Flugkörper zum Transport von Atomsprengköpfen
- Jede Woche ein neuer Sprengkörper: Am Montag hat Nordkorea an der Ostküste erneut ballistische Kurzstreckenraketen getestet. Das teilte der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte mit. Nach Angaben Japans ist die Rakete innerhalb seiner exklusiven Wirtschaftszone – rund 200 Meilen vor der Küste – ins Japanische Meer gestürzt. Ballistische Raketen werden vor allem als Flugkörper mit Kernsprengkopf konzipiert.
Mit dem zwölften Test in diesem Jahr ignorierte Nordkorea erneut den Aufruf der führenden westlichen Industriestaaten (G7) zum Stopp seines Atomwaffenprogramms. Schon Anfang vergangener Woche vermeldete Pjöngjang den Test einer neuen Mittelstreckenrakete. Die Ergebnisse der „Pukguksong-2“seien „perfekt“gewesen. Staatschef Kim Jong-un bezeichnete sie als „sehr genaue“und „erfolgreiche strategische Waffe“. Diese ist nach 500 Kilometern ebenfalls ins Japanische Meer gestürzt.
Mit jedem Test verschlechtern sich vor allem die Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea weiter. Seit Monaten nimmt die Rhetorik zwischen beiden Ländern eine bedrohliche Schärfe an. US-Präsident Donald Trump warnte vor einem „großen, großen Konflikt“. Beim Treffen der G7-Vertreter am Wochenende kündigte Trump an, das „große Problem“Nordkorea „wird gelöst“.
Nordkoreas Staatschef Kim Jongun wiederum drohte gar mit einem Atomkrieg. Der südkoreanische Staatschef Moon Jae-in, ein Verbündeter der USA, schätzt die Wahrscheinlichkeit einer bewaffneten Auseinandersetzung mit seinem Nachbarn als „sehr hoch“ein.
Auch Japan will Nordkoreas Raketenstarts nicht hinnehmen. Man wolle gemeinsam mit der Schutzmacht USA „konkrete Schritte“unternehmen, um Nordkorea Einhalt zu gebieten, sagte der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe am Montag.
Szenario eines Konflikts ist „real“
Nach Ansicht von Experten ist die Lage angespannt. „Die Gefahr eines großen Konfliktes ist real“, sagt Hanns Maull, Ostasien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Wenn der Konflikt ausbräche, dann könnte er sehr schnell eskalieren und ganz Nordostasien erfassen. „Die Folge wären Hunderttausende von Opfern, womöglich innerhalb von wenigen Tagen.“
Nach dem neuerlichen Raketentest Pjöngjangs wollte sich US-Verteidigungsminister Jim Mattis nicht zu möglichen „roten Linien“äußern, deren Überschreitung Washington nicht hinnehmen würde, sagte er dem Sender CBS News.
Laut Maull wäre eine solche rote Linie für die USA allerdings überschritten, wenn Nordkorea eine Interkontinentalrakete testen würde, die einen Atomsprengkopf bis zum amerikanischen Festland tragen könnte. Wie weit Nordkorea mit seinen Raketen kommt, wisse derzeit niemand, amerikanisches Territorium erreichen diese nach derzeitigem Wissensstand aber nicht. „Nordkorea kann aber wohl Südkorea und Japan – und damit auch die rund 85 000 in diesen Ländern stationierten amerikanischen Soldaten – mit seinen Raketen und Massenvernichtungswaffen (Atomwaffen und chemische Waffen) glaubhaft bedrohen“, sagt Maull. Einen Erstschlag hält Maull aber auch für unwahrscheinlich: „Auch Kim weiß sicherlich, dass das das Ende des Regimes und wohl auch sein eigenes Todesurteil wäre.“
Vermitteln zwischen den USA und Nordkorea könne nur China. Eine diplomatische Lösung könne es laut Maull nicht geben, „solange das Regime in Pjöngjang Atomwaffen als Überlebensgarantie betrachtet, die es nicht aus der Hand geben will, sondern bestenfalls Zeitgewinn und eine Entschärfung der Eskalationsrisiken.“Der Schlüssel dafür liege aber eher in Peking als in Washington.
Nordkoreas wichtigster Verbündeter forderte erneut Dialogbereitschaft von allen Seiten. Pjöngjang müsse auf Handlungen verzichten, die gegen UN-Resolutionen verstießen, erklärte das Pekinger Außenministerium. China hoffe, dass alle beteiligten Parteien „ruhig und zurückhaltend“blieben.