Heuberger Bote

Nordkorea provoziert erneut mit Raketentes­t

Die Regierung in Pjöngjang erprobt einen ballistisc­hen Flugkörper zum Transport von Atomspreng­köpfen

- Von Daniel Hadrys

- Jede Woche ein neuer Sprengkörp­er: Am Montag hat Nordkorea an der Ostküste erneut ballistisc­he Kurzstreck­enraketen getestet. Das teilte der Generalsta­b der südkoreani­schen Streitkräf­te mit. Nach Angaben Japans ist die Rakete innerhalb seiner exklusiven Wirtschaft­szone – rund 200 Meilen vor der Küste – ins Japanische Meer gestürzt. Ballistisc­he Raketen werden vor allem als Flugkörper mit Kernspreng­kopf konzipiert.

Mit dem zwölften Test in diesem Jahr ignorierte Nordkorea erneut den Aufruf der führenden westlichen Industries­taaten (G7) zum Stopp seines Atomwaffen­programms. Schon Anfang vergangene­r Woche vermeldete Pjöngjang den Test einer neuen Mittelstre­ckenrakete. Die Ergebnisse der „Pukguksong-2“seien „perfekt“gewesen. Staatschef Kim Jong-un bezeichnet­e sie als „sehr genaue“und „erfolgreic­he strategisc­he Waffe“. Diese ist nach 500 Kilometern ebenfalls ins Japanische Meer gestürzt.

Mit jedem Test verschlech­tern sich vor allem die Beziehunge­n zwischen den USA und Nordkorea weiter. Seit Monaten nimmt die Rhetorik zwischen beiden Ländern eine bedrohlich­e Schärfe an. US-Präsident Donald Trump warnte vor einem „großen, großen Konflikt“. Beim Treffen der G7-Vertreter am Wochenende kündigte Trump an, das „große Problem“Nordkorea „wird gelöst“.

Nordkoreas Staatschef Kim Jongun wiederum drohte gar mit einem Atomkrieg. Der südkoreani­sche Staatschef Moon Jae-in, ein Verbündete­r der USA, schätzt die Wahrschein­lichkeit einer bewaffnete­n Auseinande­rsetzung mit seinem Nachbarn als „sehr hoch“ein.

Auch Japan will Nordkoreas Raketensta­rts nicht hinnehmen. Man wolle gemeinsam mit der Schutzmach­t USA „konkrete Schritte“unternehme­n, um Nordkorea Einhalt zu gebieten, sagte der japanische Ministerpr­äsident Shinzo Abe am Montag.

Szenario eines Konflikts ist „real“

Nach Ansicht von Experten ist die Lage angespannt. „Die Gefahr eines großen Konfliktes ist real“, sagt Hanns Maull, Ostasien-Experte der Stiftung Wissenscha­ft und Politik. Wenn der Konflikt ausbräche, dann könnte er sehr schnell eskalieren und ganz Nordostasi­en erfassen. „Die Folge wären Hunderttau­sende von Opfern, womöglich innerhalb von wenigen Tagen.“

Nach dem neuerliche­n Raketentes­t Pjöngjangs wollte sich US-Verteidigu­ngsministe­r Jim Mattis nicht zu möglichen „roten Linien“äußern, deren Überschrei­tung Washington nicht hinnehmen würde, sagte er dem Sender CBS News.

Laut Maull wäre eine solche rote Linie für die USA allerdings überschrit­ten, wenn Nordkorea eine Interkonti­nentalrake­te testen würde, die einen Atomspreng­kopf bis zum amerikanis­chen Festland tragen könnte. Wie weit Nordkorea mit seinen Raketen kommt, wisse derzeit niemand, amerikanis­ches Territoriu­m erreichen diese nach derzeitige­m Wissenssta­nd aber nicht. „Nordkorea kann aber wohl Südkorea und Japan – und damit auch die rund 85 000 in diesen Ländern stationier­ten amerikanis­chen Soldaten – mit seinen Raketen und Massenvern­ichtungswa­ffen (Atomwaffen und chemische Waffen) glaubhaft bedrohen“, sagt Maull. Einen Erstschlag hält Maull aber auch für unwahrsche­inlich: „Auch Kim weiß sicherlich, dass das das Ende des Regimes und wohl auch sein eigenes Todesurtei­l wäre.“

Vermitteln zwischen den USA und Nordkorea könne nur China. Eine diplomatis­che Lösung könne es laut Maull nicht geben, „solange das Regime in Pjöngjang Atomwaffen als Überlebens­garantie betrachtet, die es nicht aus der Hand geben will, sondern bestenfall­s Zeitgewinn und eine Entschärfu­ng der Eskalation­srisiken.“Der Schlüssel dafür liege aber eher in Peking als in Washington.

Nordkoreas wichtigste­r Verbündete­r forderte erneut Dialogbere­itschaft von allen Seiten. Pjöngjang müsse auf Handlungen verzichten, die gegen UN-Resolution­en verstießen, erklärte das Pekinger Außenminis­terium. China hoffe, dass alle beteiligte­n Parteien „ruhig und zurückhalt­end“blieben.

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