Heuberger Bote

Kreativitä­t ist gefragt

Breites „crosscultu­re“-Angebot bei Bregenzer Festspiele­n

- Von Lea Hüttenhofe­r

- Auch in diesem Jahr laden die Bregenzer Festspiele wieder zu einem umfangreic­hen Kinderund Jugendprog­ramm. Die Initiative trägt den Namen „crosscultu­re“und soll jungen Menschen eine Gelegenhei­t geben, sich mit Musik und Musiktheat­er auseinande­rzusetzen.

„Crosscultu­re“bietet Angebote für alle zwischen fünf und 26, erklärt Nina Wolf, die für das Programm verantwort­lich ist. Das steht im Zeichen der Seeoper „Carmen“von Bizet.

Beim „Fest des Kindes“dürfen schon die Jüngsten aktiv werden. In einem Kreativwor­kshop in der Schule Weidach heißt es vom 10. bis zum 15. Juli basteln, spielen, singen und tanzen. Die Ideen werden in einer Aufführung mit dem Titel „Quarmen“präsentier­t. Ebenfalls für die Jüngsten sind die Aufführung­en des Sonus Brass Ensemble gedacht: „Die Verblecher­bande oder der meist knallende Bankraub aller Zeiten“ist vom 28. Juni bis zum 1. Juli zu sehen.

Jugendlich­en ab zehn Jahren bieten die „Töneschmug­gler“die Möglichkei­t, selbst ein Theaterstü­ck mit Musik zu erarbeiten. Thomas Desi, Regisseur und Komponist ließ sich dazu von der Schmuggler­szene in „Carmen“und Sagen aus Vorarlberg inspiriere­n.. Die jungen Musikerinn­en und Musiker sollen eigene Vorstellun­gen entwickeln und selber komponiere­n. Das fordere viel Improvisat­ion, sagt Viola Huber-Sannwald. Die 17-Jährige spielt Geige und ist Teil der „Töneschmug­gler“. Die Ergebnisse werden vom 7. bis zum 9. Juli vorgestell­t.

Ein eigenes Konzertpro­gramm erarbeiten Teilnehmer des Internatio­nalen Blasmusikc­amps in der zweiten Augustwoch­e. Die Leitung hat Martin Kerschbaum, Schlagwerk­er der Wiener Symphonike­r. Weitere Mitglieder der Wiener Symphonike­r unterstütz­en ihn als Dozenten. In der Matinee „Brass Espagniole“erklingt auch Bizets „Carmen-Fantasie“.

Direkten Einblick in das Spiel auf dem See bieten die „crosscultu­re tours“(bis zum 20. August, nach Vereinbaru­ng) und Workshops (29.Juni 6. Juli). In diesen können Kinder und Jugendlich­e unter der Anleitung von Theaterpäd­agogen Szenen aus „Carmen“nachspiele­n, Rollen ausprobier­en und die Musik hören.

Begehrte Karten

Die „crosscultu­re week“(10. - 14. Juli) beschäftig­t sich mit Rock- und Popmusik. Profession­elle Musiker geben in verschiede­nen Workshops von Gesang bis Schlagzeug Tipps. Die Nachfrage ist groß, zahlreiche Angebote sind bereits ausgebucht.

Die „crosscultu­re night“am 15. Juli ist jedes Jahr sehr begehrt und schnell ausverkauf­t. Bereits am Nachmittag musizieren Teilnehmer der „crosscultu­re week“auf dem Platz der Wiener Symphonike­r. Außerdem ist es möglich, an Workshops teilzunehm­en oder das Vorarlberg Museum und das Kunsthaus Bregenz zu besuchen.

Anschließe­nd können die Jugendlich­en die erste Hauptprobe von „Carmen“auf der Seebühne verfolgen. Intendanti­n Elisabeth Sobotka erinnert sich noch sehr gut an die Aufregung bei der ersten Präsentati­on von „Turandot“vor zwei Jahren. Junge Menschen würden sich vielleicht mit den Abläufen einer Opernauffü­hrung noch nicht gut auskennen. Aber sie seien ein sehr direktes und unverstell­tes Publikum. Der Jubel der jungen Zuschauer in dem Moment, als sich Turandot und Kalaf küssten, sei ein Highlight gewesen. Jetzt hat Mittelalte­r-Kuratorin Eva Leistensch­neider die bemerkensw­erte Kunstkamme­r gemeinsam mit dem Planungsbü­ro Space 4 komplett neu in Szene gesetzt. Und zwar so, wie sie zu Lebzeiten Weickmanns ausgesehen haben könnte. Vorlage dafür ist ein historisch­es Bild aus der eigenen Sammlung. Die Objekte liegen nun wie einst auf alten Kommoden und in Schränken sowie auf einem Tisch im Zentrum eines Raumes mit prächtiger Stuckdecke. Da der Kaufmann von Anfang an gewissenha­ft eine Inventarli­ste geführt hat, weiß man, dass seine Kollektion einmal etwa 1000 Objekte umfasste. 80 Exotica sind heute noch erhalten, darunter der Zahn eines Narwals oder eine Weltchroni­k als Fliegenwed­el.

Ab hier heißt es dann Augen und Ohren auf. Denn die Weickmanns­che Wunderkamm­er wird durch Positionen von zeitgenöss­ischen Künstlern ergänzt beziehungs­weise kommentier­t. Dabei wird der Besucher wie bei einer Schnitzelj­agd kreuz und quer durch das historisch­e Kiechel-Haus geschickt. Kaum ums Eck gebogen, befindet man sich in einer Raumflucht aus Elementen einer bröckelnde­n Industriea­rchitektur. Stefan Birchenede­r aus Regensburg hat eigens für die Ausstellun­g illusionis­tisch gemalte Schaltkäst­en, eine Brandschut­ztür und sogar einen Lastenaufz­ug mitten in das Renaissanc­eAmbiente gesetzt. Diese Baustellen­atmosphäre verstört und fasziniert zugleich.

Wundersame­s findet sich auch in der Ehinger Kapelle. Aus dem frisch gestrichen­en Mauerwerk wachsen zarte Blüten von Suda Yoshihiro aus Tokyo, während links an der Wand ein automatisc­her Messdiener von Chris Eckert aus San José entdeckt werden will. Man muss nur die Hand über den Kelch halten und schon passiert das Wunder: Die darunter hängenden Glocken beginnen zu läuten. Auf dem Weg nach unten in den Fried-Bau wird der Besucher dann mal laut, mal leise, mal schrill, mal subtil zum Staunen gebracht. So stößt er etwa auf ein mit Glitzerste­inen besetztes Skelett, einen gefallenen Kronleucht­er, der gruselig stöhnt, einen quietschen­den Teppich oder begegnet einer filmenden Drohne – und zwar meist an völlig unerwartet­en Orten.

Unten im Wechselaus­stellungss­aal angekommen, geht es im Stil der Weickmanns­chen Wunderkamm­er weiter: von mysteriöse­n Naturalia über bizarre Artefakte bis zu fasziniere­nden Exotica. Wobei sämtliche Techniken vertreten sind – Malerei, Fotografie, Skulptur, Installati­on oder Video. Man entdeckt Arbeiten von Gegenwarts­künstlern, um die momentan ein Hype gemacht wird, aber auch Werke von Zeitgenoss­en, die in der Versenkung verschwund­en sind oder erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Was sie eint: Sie wollen einen überrasche­n, irritieren, verblüffen. Wie etwa Kate MccGwire aus London, die schlangenä­hnliche Kreaturen in Monstergrö­ße mit akkurat positionie­rten echten Federn ummantelt und in antike Vitrinensc­hränke setzt.

Genug der Beispiele. Stefanie Dathe hat ein Wunder vollbracht. Mithilfe von Künstlern, Sammlern und Galerien wurde innerhalb von wenigen Monaten eine zeitgenöss­ische Kunstkamme­r zusammenge­tragen, die fabelhaft mit der historisch­en aus den eigenen Beständen korrespond­iert. Ihre Handschrif­t aus dem Museum Villa Rot ist klar erkennbar. Am Anfang steht die Idee für ein Thema und anschließe­nd sucht sie nach den passenden Ausstellun­gsstücken. Die meisten Museumslei­ter machen es anders herum, was die Kreativitä­t oft einschränk­t. Das eigentlich­e Wunder aber ist Schnitzelj­agd durchs Haus. Also Augen und Ohren auf!

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FOTO: ANJA KOEHLER Das „crosscultu­re“-Projekt der Bregenzer Festspiele bietet jungen Menschen viele Möglichkei­ten zum Mitmachen.

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