Einheitsmaut statt Pickerlflut
EU-Kommssion will heute Pläne für europaweite Straßengebühr vorstellen
- Die EU-Kommission präsentiert am heutigen Mittwoch ihr Mobilitätspaket – und damit auch ihre Pläne zur Pkw-Maut für die Zeit nach 2020. Die Kommission will, dass die Gebühren nach einem einheitlichen Verfahren automatisch abgebucht werden – über ein Prepaid-System oder monatliche Abrechnungen. Einen Maut-Zwang für Staaten, die ihre Straßen weiter gratis zur Verfügung stellen wollen, soll es nicht geben. Daniela Weingärtner beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
Welche Pläne hat die EU-Kommission?
Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass das europäische Straßennetz dringend erneuert werden muss. Das Geld für Investitionen sollen sich die Mitgliedsstaaten über Straßennutzungsgebühren besorgen. Dabei ist aus Brüsseler Sicht wichtig, dass Ausländer gegenüber Einheimischen nicht benachteiligt werden dürfen. Aus Umweltgründen muss die Gebühr streckenbezogen sein. Unterschiedliche Preise für Zeiten mit hohem und niedrigem Verkehrsaufkommen sollen für eine sinnvollere Auslastung der Straßen sorgen. Ferner soll ein einheitliches System das Leben von Fernfahrern erleichtern.
Müsste Deutschland dafür seine Pkw-Maut ändern?
Voraussichtlich ja. Die Kommission ist unverändert der Meinung, dass Vignetten ausländische Fahrer benachteiligen und wie jede Flatrate keinen Sparanreiz bieten, also nicht umweltfreundlich sind. Vermutlich erklärt sich die Duldsamkeit der Verkehrskommissarin gegenüber dem von der CSU verfolgten Vorhaben daraus, dass die Harmonisierungspläne schon länger in der Schublade liegen. Deutschland müsste ein Bezahlsystem einführen, das Pkw wie Lkw gleichermaßen erfasst.
Wie sieht es in den anderen europäischen Staaten aus?
Die meisten Länder, zum Beispiel Frankreich, Italien und Spanien, rechnen nach gefahrenen Kilometern ab und arbeiten mit Mautkontrollstellen, die sowohl Pkw als auch Lkw erfassen. Österreich und die Schweiz haben die Flatrate eingeführt und verkaufen Vignetten für die Nutzung ihrer Autobahnen. Österreich müsste wie Deutschland sein System umstellen. Die Schweiz könnte selbst entscheiden, ob sie sich dem EU-System anschließen will.
Wäre das neue Konzept für den deutschen Autofahrer teurer?
Für Vielfahrer sicher. Nur wer selten auf europäischen Straßen unterwegs ist, fährt mit Autobahngebühren billiger als mit einer Pauschale.
Ist der Plan politisch durchsetzbar?
Nicht ohne größeren Widerstand. Vor allem die Länder am Rand Europas sind dagegen. Für sie ist es besonders wichtig, billig und unkompliziert den Binnenmarkt durchqueren zu können. Denn ihre Kunden können sie nur über ein europäisches Straßennetz erreichen, das durch die EU-Maut teurer würde. Damit würden sich auch ihre Produkte verteuern. Große staatsnahe Autobahnbetreiber wie in Frankreich dürften sich dagegen wehren, dass sie verpflichtet werden sollen, ihr Abrechnungssystem auszugliedern und einem externen Dienstleister zu überlassen.
Wo liegen die Vorteile?
Da das System in allen Ländern und für alle Fahrzeugtypen gelten soll, wird die nötige Infrastruktur für den einzelnen Verkehrsteilnehmer billiger. Auch die Technologie, die jeder Fahrer an Bord haben muss, kostet dann weniger. Es gibt nur noch eine einzige Mautrechnung, was Berufsfahrern das Leben und die Steuererklärung erleichtern dürfte. Durch intelligente Preise – also deutlich niedrigere Gebühren in verkehrsarmen Zeiten – sollen Staus erheblich reduziert werden. Nach Expertenschätzungen geht derzeit ein Prozent des BIP durch Verzögerungen im Verkehr verloren. Wer allerdings die Geburtswehen des deutschen Toll-Collect-Systems noch im Gedächtnis hat, wird sich auf Übergangszeiten weit über 2020 hinaus einstellen.