Maschinenbauer Manz fließen erste Millionen aus Mega-Auftrag zu
(dpa) - Der lange defizitäre Maschinenbauer Manz beginnt mit den Arbeiten an einem erlösenden Großauftrag. Wie das Unternehmen am Dienstag in Reutlingen mitteilte, ist die erste Zahlung in Höhe von 64,3 Millionen Euro eingegangen. Dies bedeute den Startschuss für die Umsetzung des insgesamt 263 Millionen Euro schweren Vorhabens, erklärte das Unternehmen weiter. Die Maschinen werden in diesem und im kommenden Jahr installiert.
Manz hatte zu Jahresbeginn den Großauftrag von der Shanghai Electric Group, die 2016 bei Manz eingestiegen war, und einer weiteren chinesischen Firma erhalten. Manz soll Maschinen herstellen, mit denen in China Solarmodule der sogenannten CIGS-Technologie hergestellt werden. Die Module können Sonnenstrahlung auf sehr dünnen Schichten zu Energie wandeln.
Der Auftrag bedeutet den Befreiungsschlag für den Maschinenbauer, der in den vergangenen Jahren hohe Verluste geschrieben hatte. Das Volumen des Auftrags liegt höher als der letzte Jahresumsatz.
- Wer baggern, Beton mischen oder Brot backen kann, ist in Baden-Württemberg und Bayern heiß begehrt. Überdurchschnittlich viele Handwerksbetriebe aus dem Bau- und Lebensmittelbereich suchen Gesellen und Auszubildende, wie eine repräsentative Umfrage unter den Betrieben zeigt.
Zwar gebe es in Deutschland laut Agentur für Arbeit aktuell keinen flächendeckenden Fachkräftemangel, aber es gebe Engpässe in bestimmten Berufsfeldern wie der Pflege oder bei technischen Berufen. Der Mangel macht auch vor dem Handwerk nicht halt – und er könnte in fünf Jahren kritisch werden. So schätzt es jedenfalls Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz, ein. Dass es so weit nicht kommt, sei zwar zu schaffen, „aber nur mit großem Aufwand“.
Aus Sicht des Handwerks ergibt sich folgende Situation: Immer weniger Menschen in Deutschland stehen als potenzielle Fachkräfte zur Verfügung. Immer mehr entscheiden sich für eine akademische Laufbahn. Die Handwerksbetriebe brauchen aber mehr Fachkräfte, also Mitarbeiter, die im Gegensatz zu ungelernten Hilfskräften das Handwerk von Grund auf gelernt haben, um die Nachfrage nach solide gezimmerten Dachstühlen, fachgerecht verlegten Elektrokabeln und knusprig gebackenem Brot zu befriedigen. Und das Problem hat sich innerhalb weniger Jahre verschärft, wie eine Umfrage von 2011 und 2015 unter allen Betrieben der acht baden-württembergischen Handwerkskammern belegt: 28 Prozent der Betriebe wollten vor zwei Jahren Fachkräfte einstellen – 2011 waren es 23,5 Prozent. 62 Prozent der Betriebe klagten, dass trotz starker Bemühungen kein geeignetes Personal zu finden ist – 2011 hatten das nur 38 Prozent so erlebt.
Als Hauptgrund (71,9 Prozent) für die Probleme bei der Stellenbesetzung geben die Betriebe an, dass die Qualifikation der Bewerber nicht den Anforderungen entspreche. 64,3 Prozent erklärten, dass sich keine Bewerber auf die Stelle gemeldet haben. Knapp über die Hälfte der Betriebe (53,2 Prozent) machten die hohe Wettbewerbssituation mit anderen Unternehmen – besonders aus der Industrie, in der meist besser bezahlt wird – verantwortlich.
Für die Entstehung der Engpässe am Arbeitsmarkt spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Die Agentur für Arbeit nennt zuallererst die demografische Entwicklung – seit 1972 ist die Sterberate höher als die Geburtenrate; zusammen mit einer höheren Lebenserwartung steigt somit der Anteil älterer Menschen gegenüber dem Anteil jüngerer. Die Unternehmen wollen aber im Vergleich zu früher mehr Menschen einstellen. Hinzu kommt, dass die Anforderungen in vielen Berufsfeldern durch die voranschreitende Digitalisierung höher werden. Arbeitgebervertreter kritisieren die Frührente als verschärfenden Grund, Gewerkschaften und Handwerker geben der sich erhöhenden Akademikerquote die Schuld.
Verhängnisvolle OECD-Studie
Die Handwerkskammer Konstanz konkretisiert auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“diese Faktoren weiter: So sei lange Zeit die geringe Akademikerquote in Deutschland im internationalen Vergleich als problematisch angesehen worden – unter anderem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Eine falsche Einschätzung, kritisiert das Handwerk, denn die zugrundeliegende OECD-Studie habe die duale Ausbildung in Deutschland nicht richtig bewertet. Die Organisation kritisierte vor allem die geringe Quote von Hochschulabsolventen in Deutschland im Vergleich zu anderen Industriestaaten – ließ aber außer Acht, dass in anderen Ländern Berufe, die in Deutschland in der beruflichen Ausbildung vermittelt werden, in die akademische Bildung fallen.
Deutschland habe deshalb als Folge der verhängnisvollen Studie die akademische Bildung viel stärker gefördert als die berufliche. „Heute beginnen rund 60 Prozent eines Jahrgangs ein Studium, noch vor zehn Jahren starteten so viele eine duale Ausbildung“, beschreibt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“die Lage. Zudem sinken die Schulabgängerzahlen als Folge des demografischen Wandels. Die anhaltend gute Konjunktur lasse selbst bei Branchen mit guten Ausbildungszahlen den Bedarf steigen.
Zu wenige kennen das Handwerk
Doch was machen die Betriebe gegen die Engpässe, was machen die Interessenvertreter des Handwerks? Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der HWK Konstanz gibt Auskunft: „Es fängt ganz früh an, bei der beruflichen Orientierung an Schulen.“Auch die Wahl der Eltern spiele eine Rolle, erklärt Hiltner. Die meisten wünschten sich, dass ihr Kind aufs Gymnasium geht und studiert, „dabei sind einige davon in einem praktischen Beruf besser aufgehoben“. Bildungspartnerschaften und Ausbildungsbotschafter, Praktika und Ferienprogramme sollen das Handwerk zurück in die Köpfe bringen. Denn oftmals fehle der Jugend Wissen über die Berufe und deren Anforderungen, vor allem bei Berufen ohne direkten Kundenkontakt. Zu dem Schluss kommt eine Studie der Handwerkskammer Reutlingen.
Hiltner verweist außerdem auf die Image-Kampagne des deutschen Handwerks, die seit 2010 versucht, „das Handwerk stärker in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken sowie ein zeitgemäßes und modernes Bild des Handwerks zu vermitteln – vor allem auch bei jungen Menschen“, wie der Zentralverband des deutschen Handwerks die Motive beschreibt. Laut Hiltner sind bereits positive Effekte der Kampagne zu spüren, mehr junge Menschen mit Abitur fänden bereits den Weg ins Handwerk.
Vor einem weiteren sehr drängenden Problem steht das Handwerk in Baden-Württemberg, wo das Handwerk mit anderen florierenden Branchen um Arbeitskräfte konkurriert: Rund zwei Drittel der Gesellen wandern in andere Wirtschaftsbereiche ab – hauptsächlich in die Industrie, aber auch in den Handel und in den Dienstleistungsbereich. Diese Fachkräfte zu halten, ist, neben neuen zu gewinnen, eine Herausforderung für die Betriebe. Deswegen verstärken laut der Kammer-Umfrage von 2015 die Handwerksbetriebe im Südwesten ihre Weiterbildungsangebote (57 Prozent) und zahlen übertariflich (54 Prozent). Doch die Arbeitszeiten und die Verdienstmöglichkeiten in der Industrie seien in vielen Bereichen besser, beklagen zahlreiche Handwerksunternehmen.
Selbst verordnete Flexibilität
Deshalb spricht Hiltner von einem „großen Aufwand“, die Engpässe und den teilweisen Mangel an Fachkräften zu überwinden. Das Potenzial sei da und das baden-württembergische Handwerk habe die besten Voraussetzungen, dies zu schaffen, ist Hiltner zuversichtlich. Man müsse sich den veränderten Verhaltensweisen und den höheren Ansprüchen der Jugendlichen anpassen, ihnen Raum zur Entfaltung geben. Es gelte die Attraktivität und die Vorteile des Handwerks, wie flache Hierarchien und hohe Eigenverantwortung wirksam darzustellen“, beschreibt die Reutlinger Studie die Aufgaben, die das Handwerk angehen muss. Die Politik könne dabei günstige Rahmenbedingungen schaffen, Handwerkskammern mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Die Bewerber vor Ort überzeugen müssen allerdings die Betriebe. Eine Aufgabe, von der die Zukunft des gesamten deutschen Handwerks abhängt. Das weiß auch Deutschlands oberster Handwerker. „Die Versorgung ist gewährleistet“, erklärt ZDHPräsident Hans Peter Wollseifer beruhigend. „Die Verbraucher finden zurzeit noch genügend Betriebe in allen Regionen, um Arbeiten in Auftrag zu geben.“Die Betonung liegt allerdings auf dem Wort „noch“. Denn nur wenn die Betriebe bei ihrer Suche nach den Kräften, die Baggern, Beton mischen und Brotbacken können, in Zukunft erfolgreich sein werden, wird aus dem Engpass keine die Volkswirtschaft bedrohende Krise.