Ramadan: Kein Platz fürs Beten
Landratsamt stellt Moslems keinen Raum für Gottesdienst zur Verfügung
- Das nächtliche Fastenbrechen, verbunden mit mit einem gemeinschaftlichen Gebet, gehört für gläubige Moslems während des Ramadans dazu. In der Trossinger Flüchtlingsunterkunft in der Händelstraße funktioniert dies jedoch nicht. Denn das Landratsamt erlaubt es den Gläubigen nicht, sich im Speisesaal für das tägliche Gebet zu treffen.
„Wir wollen nur gemeinsam beten“, sagt ein syrischer Flüchtling im Gespräch mit unserer Zeitung. Gemeinsam mit anderen Heimbewohnern hat er Unterschriften gesammelt, um das Landratsamt davon zu überzeugen, den Saal für die abendlichen Gebete freizugeben.
Im vergangenen Jahr noch hatten die Flüchtlinge gemeinsam mit Trossinger Moslems den Ramadan im ehemaligen Dr.-Karl-Hohner-Heim gefeiert. Doch diese vier Wochen seien nicht problemlos verlaufen, so das Landratsamt Tuttlingen. „Im letzten Jahr war die Lärmbelästigung recht groß und einige Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft haben sich darüber beschwert, dass dort mehrere Wochen lang gebetet und gefeiert wurde“, so Nadja Seibert, Presssprecherin des Landratsamts.
In der Enge der Gemeinschaftsunterkunft treffen gerade im Ramadan Glaubenswelten aufeinander: Während die einen streng fasten und sich spät abends zum Gebet und Fastenbrechen treffen, beachten andere die religiösen Vorschriften nicht und wollen nachts ihre Ruhe haben.
Von Seiten des Landratsamts kommen außerdem Sicherheitsbedenken dazu: „Wir können nicht kontrollieren, wer alles in die Gemeinschaftsunterkunft zum Ramadan-Fest kommt. Im letzten Jahr hielten sich bis spät in die Nacht auch fremde Personen dort auf“, so Nadja Seibert.
Außerdem habe es Beschwerden von Anwohnern aus der Händelstraße gegeben. Besucher der abendlichen Treffen, die nicht im Heim wohnen, haben mit ihren Autos wiederholt Einfahrten zugeparkt.
Das Landratsamt entschied sich deshalb dafür, den Speisesaal nicht mehr für das Fastenbrechen freizugeben. Den Vorschlag, in die Moschee nach Spaichingen zu fahren, können die Syrer nicht nachvollziehen: „Wie wollen wir nachts nach Spaichingen kommen?“
Platz für 50 Personen
Dr. Mohammad Kahf, niedergelassener Arzt in Trossingen, kann die Einwände des Landratsamts nicht nachvollziehen. Er hat das gemeinsame Gebet im vergangenen Jahr organisiert und versucht auch jetzt, einen Raum zu finden: „Wir brauchen Platz für mindestens 50, besser 70 Personen.“Das Fastenbrechen findet täglich von 20 bis 24 Uhr statt.
Ob die Unterschriftenaktion etwas bewirken wird, ist offen. Auf einen städtischen Raum können die Moslems jedoch nicht hoffen. „So kurzfristig ist das sehr schwierig“, sagt Bürgermeister Clemens Maier dazu. Doch auch bei einer längeren Vorlaufzeit würden die nächtlichen Gebetszeiten nicht zu den Arbeitszeiten der städtischen Hausmeister passen, die für das Auf- und Zuschließen der entsprechenden Gebäude zuständig sind.