Jeder Vierte leidet an zu hohem Blutdruck
Gesunder Lebensstil und konsequente Behandlung können Krankheitsrisiko senken
(sz/dpa) - Etwa jeder vierte Bundesbürger hat einen zu hohen Blutdruck: Bei 26 Prozent der Männer und 27 Prozent der Frauen werden Blutdruckwerte von mehr als 140 zu 90 gemessen.
„Erhöhte Blutdruckwerte machen zunächst wenig Beschwerden. Der Leidensdruck ist daher bei Bluthochdruck kurzfristig gering, dafür sind die Spätfolgen der Hypertonie wie Herzinfarkte, Herzschwäche oder Schlaganfall umso gravierender” sagte Eric Martin beim pharmacon, einem Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer. Der Apotheker ist Mitglied der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). „Wie groß der Therapiebedarf ist, hängt nicht nur von den Messwerten ab, sondern in erster Linie vom individuellen Herzkreislaufrisiko. Zu den Risikofaktoren zählt zum Beispiel, ob jemand zusätzlich Diabetes hat.”
Todesursache Nummer eins Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Herz-Kreislauferkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache. Die gute Nachricht: Patienten können viel tun, um ihr individuelles Risiko zu senken. Nicht rauchen, nur gelegentlich kleine Mengen Alkohol trinken und sich regelmäßig bewegen stehen dabei an erster Stelle. „Nicht ganz so klar sind die Empfehlungen beim Kochsalz: Etwa 15 Prozent der Bevölkerung und ein Drittel der Hypertoniker, also der Bluthochdruckpatienten, reagieren auf große Mengen an Kochsalz mit einer Blutdrucksteigerung. Das ist genetisch festgelegt. Nur bei diesen Menschen sinkt der Blutdruck, wenn sie weniger Kochsalz zuführen. Ein rigoroser Verzicht auf Salz ist also nicht immer erforderlich. Auch der vermehrte Verzehr von Obst und Gemüse kann durch Steigerung der Kaliumzufuhr den Blutdruck senken”, sagte Martin.
Gegen erhöhte Blutdruckwerte gibt es eine Vielzahl gut wirksamer, rezeptpflichtiger Medikamente. Martin: „Erschreckend ist, dass schätzungsweise nur ein Drittel aller Hypertoniker fachgerecht behandelt wird. Bei einem weiteren Drittel schlägt die Behandlung fehl, weil zum Beispiel die verordneten Tabletten nicht wie vorgesehen eingenommen werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei Nebenwirkungen wie zum Beispiel Reizhusten, Kopfschmerzen oder auch Impotenz. Martin: „Anders als der therapeutische Nutzen einer Blutdrucksenkung können Nebenwirkungen die Lebensqualität spürbar beeinträchtigen und dazu führen, dass ein Patient seine Blutdrucksenker auf eigene Faust absetzt.“Das verbleibende Drittel der Hypertoniker weiß nicht einmal, dass die eigenen Blutdruckwerte erhöht sind.
Ältere Frauen häufiger betroffen als Männer
„Ab 65 Jahren wird Bluthochdruck häufiger bei Frauen diagnostiziert als bei Männern“, sagt Ärztin Ute Seeland vom „Institut für Geschlechterforschung“an der Berliner Charité. Mittlerweile sind sogar einige Risikofaktoren bekannt, die als typisch weiblich gelten müssen. So steigt das Hypertonierisiko auf das Zwei- bis Dreifache an, wenn Frauen die Pille einnehmen und zusätzlich beispielsweise übergewichtig sind. Auch eine Schwangerschaftshypertonie steigert das Risiko, binnen zehn Jahren einen manifesten Bluthochdruck zu entwickeln. Ein Grund dafür, dass Frauen lange Zeit als Zielgruppe vernachlässigt wurden, ist der durch weibliche Östrogene vermittelte Gefäßschutz. In mittleren Jahren erkranken Frauen daher tatsächlich seltener an Bluthochdruck als Männer. Doch solle die hormonelle Schutzwirkung nicht überschätzt werden, mahnt Seeland. „Wenn 77 Prozent der HypertoniePatientinnen die Menopause bereits hinter sich haben, bedeutet das zugleich, dass 23 Prozent noch vor der Menopause betroffen sind“, sagt die Charité-Ärztin und verweist auf die Ergebnisse der Berliner Befri-Studie, bei der über 1000 Berliner Frauen zwischen 25 und 75 Jahren befragt und untersucht wurden. Dabei zeigte sich auch, dass 45 Prozent der weiblichen Allgemeinbevölkerung Störungen der arteriellen Gefäßfunktion und/oder eine erhöhte Steifigkeit der Gefäßwände aufweisen. Solche Veränderungen können einer Hypertonie um Jahre vorausgehen und bleiben oft unentdeckt.
Frühe Diagnose durch Messung der Gefäßwand-Elastizität
„Die Störungen sind oft noch reversibel, sodass gesundheitsfördernde Maßnahmen hier sehr gut greifen können“, sagt die Expertin. Wie die Internistin betont, stehen heute mit der Messung des sogenannten Augmentationsindex und der Pulswellengeschwindigkeit Methoden zur Verfügung, mit denen die Elastizität der Gefäßwand bereits früh diagnostiziert werden kann. Eine solche Untersuchung sollte Männern und Frauen bereits ab 40 Jahren angeboten werden, wenn sie zusätzliche Risikofaktoren aufweisen.