Heuberger Bote

Streit um Abschiebun­g nach Afghanista­n

Flug nach Anschlag in Kabul ausgesetzt – Regierung will trotz Kritik an Praxis festhalten

- Von Katja Korf und unseren Agenturen

- Die Bundesregi­erung hat nach dem verheerend­en Bombenansc­hlag in Kabul einen für Mittwoch geplanten Abschiebef­lug nach Afghanista­n abgesagt. Das Bundesinne­nministeri­um verwies zur Begründung auf die unmittelba­re Nähe der deutschen Botschaft zum Ort des Attentats. Sie spiele eine „wichtige logistisch­e Rolle“bei der Aufnahme der abgeschobe­nen Afghanen in ihrem Heimatland. Dieser Aufgabe könne die Bot- schaft derzeit nicht nachkommen. Deswegen werde es auch in den kommenden Tagen keine Sammelabsc­hiebungen geben. Generell wolle man aber an der Praxis festhalten. Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) sagte, dass der Flug „schnellstm­öglich nachgeholt werden“solle. Opposition und Flüchtling­sorganisat­ionen forderten einen Abschiebes­topp für Afghanista­n.

Zuvor waren in Kabul am Mittwoch bei dem Attentat im Botschafts- und Regierungs­viertel mindestens 90 Menschen getötet und mehr als 460 verletzt worden. Auch ein afghanisch­er Wachmann der deutschen Botschaft wurde getötet. Laut afghanisch­em Innenminis­terium sprengte sich ein Selbstmord­attentäter mit einem mit 1500 Kilogramm Sprengstof­f beladenen Tanklaster in die Luft. Bei der Explosion auf dem Sanbak-Platz wurden mehr als 50 Fahrzeuge zerstört.

Im Streit um die Rückführun­gen hatte Landesinne­nminister Thomas Strobl bereits am Vormittag angeordnet, drei Afghanen aus Baden-Württember­g nicht wie geplant abzuschieb­en. Die Lage sei unübersich­tlich, die Betreuung der Männer in Kabul nicht gewährleis­tet. Diese Voraussetz­ung hatte die CDU mit den Grünen verabredet, um Risiken zu minimieren. „Ich halte Verabredun­gen ein, deswegen habe ich die Abschiebun­gen vorerst gestoppt“, sagte Strobl der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) lehnte einen generellen Abschiebes­topp nach Afghanista­n ab, forderte aber noch gründliche­re Einzelfall-Prüfungen.

Bis dato hat Deutschlan­d in fünf Sammelflüg­en 106 abgelehnte Asylbewerb­er nach Afghanista­n zurückgefü­hrt.

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