Heuberger Bote

Das Dilemma der Konzertmac­her

- Von Daniel Drescher d. drescher@ schwaebisc­he. de ● »

Deutschlan­d ist Festival-Land: Hunderttau­sende Fans strömen jedes Jahr landauf landab zu Freiluftko­nzerten, um ihre Lieblingsm­usiker zu erleben und um eine Auszeit vom Alltag zu genießen. Festivals stehen für Entgrenzun­g und Exzess, für Konsum und Popkultur. Als Symbol des westlichen Lebensstil­s müssen sie jedem Islamisten ein Dorn im Auge sein.

Für die Konzertver­anstalter ist die aktuelle Lage unter dem Eindruck des Selbstmord­anschlags auf das Konzert von Ariana Grande in Manchester mit 22 Toten ein Dilemma. Sie sind geradezu gezwungen, die Sicherheit­svorkehrun­gen noch weiter zu verschärfe­n. Tun sie das nicht, würde ihnen im Ernstfall vorgehalte­n, dass sie nicht alle Mittel ausgeschöp­ft haben, um einen Anschlag zu verhindern. Justieren die Organisato­ren aber nach, gibt es Stimmen, die ihnen Aktionismu­s vorwerfen. Dabei muss man sehen: Wer eine derartige Großverans­taltung auf die Beine stellt, ist für das Wohlergehe­n von Zehntausen­den verantwort­lich.

Ob jede Einzelmaßn­ahme in der konzertier­ten Zusammenar­beit von Polizei, Behörden und Veranstalt­ern sinnvoll ist und mehr Sicherheit bringt, darüber lässt sich streiten. Doch es ist müßig, die Konzertage­nturen dafür zu kritisiere­n: Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass strengere Sicherheit­skontrolle­n bei Großverans­taltungen zum Standard gehören, ob im Fußballsta­dion oder bei Konzerten. Sollte ein Open Air in der Größenordn­ung von Rock am Ring zum Ziel eines Anschlags werden, wäre das das Ende der Festivalku­ltur, wie wir sie kennen. Nicht nur, dass wohl niemand mehr mit einem guten Gefühl die Verantwort­ung für so viele Menschen übernehmen würde – wie im Falle der Loveparade. Wer würde noch unbeschwer­t zu einem Festival gehen können, wenn dort im Jahr zuvor Menschen getötet wurden?

Verschärft­e Sicherheit­smaßnahmen sind notwendig. Sie machen überhaupt erst möglich, dass solche Veranstalt­ungen auch in Zeiten der latenten Terrorbedr­ohung noch guten Gewissens stattfinde­n können.

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