Hund beißt 72-Jährige im Kreis Sigmaringen tot
Rettungskräfte sind machtlos, die Hundehalterin ist nicht zu Hause – Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Tötung
- Frohnstetten steht unter Schock: Ein Hund hat in dem Teilort von Stetten am kalten Markt (Landkreis Sigmaringen) am Dienstagabend eine 72-Jährige totgebissen. Um kurz nach 20 Uhr attackierte der Hund der Rasse Kangal die Passantin auf einem Fußweg und verletzte sie durch seine Bisse tödlich.
„Das ist ein fürchterliches Ereignis“, sagt Bürgermeister Maik Lehn. Er selbst sei als Notfallseelsorger am Ort des Geschehens gewesen, um den Ehemann der Getöteten und Anwohner zu betreuen.
Für die 72-Jährige kam jede Hilfe zu spät. Zwar hatte eine Zeugin sofort den Rettungsdienst verständigt; dieser konnte sich der auf dem Boden liegenden Verletzten aber nicht nähern, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Das teilten die Staatsanwaltschaft Hechingen und das Polizeipräsidium Konstanz mit. Als der Hund schließlich von der 72-Jährigen abließ und wieder auf das Grundstück der 43-jährigen Hundehalterin zurückkehrte, erlag die Frau ihren schweren Bissverletzungen an Kopf und Hals. Ihr Ehemann war laut Bürgermeister wohl nicht Augenzeuge der Attacke. Er wurde demnach erst auf die Tragödie aufmerksam, als er das Großaufgebot an Rettungskräften und Polizei sah.
Drei Hunde erschossen
Polizisten umstellten das Gebäude. Dort erschossen sie den aggressiven Hund. Auf dem Grundstück befanden sich noch ein weiterer Hund derselben Rasse sowie ein kleinerer Mischlingshund. Da nicht bekannt war, ob sich die Hundehalterin in dem verschlossenen Haus befand, ließ die Polizei von zwei Jägern auch diese Tiere erlegen, um das Gebäude gefahrlos betreten zu können. Anschließend gingen die Polizisten in das Haus – wo sie 20 Katzen, aber nicht die Hundehalterin vorfanden.
Bei der Gemeindeverwaltung waren in der Vergangenheit mehrfach Beschwerden über die vielen Tiere eingegangen. „Im September vergangenen Jahres haben wir das Veterinäramt eingeschaltet, das sich vor Ort ein Bild gemacht hat“, sagt Bürgermeister Lehn. Ergebnis: Eine artgerechte Haltung der Tiere sei gegeben. Eine Anwohnerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, kann das nicht nachvollziehen. Die direkten Nachbarn hätten ihr Küchenfenster nicht mehr öffnen können, weil es häufig extrem nach Kot und Urin gestunken habe. Auch die Hunde waren demnach oft allein. „Viele Frohnstetter haben den Weg dort vorbei gar nicht mehr genutzt, weil sie Angst vor den Hunden hatten“, sagt die Frau.
Die Tierhalterin war denn auch am Unglückstag nicht daheim. Sie kehrte gegen 23.30 Uhr ins Haus zurück, das sie ihren Angaben zufolge morgens gegen 7 Uhr verlassen hatte.
Bei der Gemeinde waren lediglich zwei der drei Hunde gemeldet, sagt der Bürgermeister. Dass von den Tieren auch nur ansatzweise eine Gefahr ausgehen könne, habe in der Verwaltung niemand gewusst und es wohl auch nicht wissen können, da die Rasse in Baden-Württemberg nicht als Kampfhunderasse eingestuft ist.
Die Kriminalpolizei, die wegen fahrlässiger Tötung gegen die Hundehalterin und deren getrennt lebenden Ehemann ermittelt, versiegelte noch in der Nacht das Anwesen. Am Mittwoch untersuchten Kriminaltechniker und Vertreter des Veterinäramtes Sigmaringen die Umstände der Tierhaltung.
Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Hechingen wird das Opfer obduziert. Die erschossenen Hunde werden seziert.