Identifikation mit der Arbeit ist groß
Denkinger Unternehmen SDN bindet geistig behinderte Menschen in Arbeitsprozess ein
- Das Denkinger Unternehmen SDN Präzisionstechnik geht einen anderen Weg als die meisten anderen Betriebe: Es setzt ganz bewusst auf behinderte Mitarbeiter. „Beschäftigte des ersten Arbeitsmarkts empfinden viele Tätigkeiten als eintönig und machen da nicht mit“, sagt Firmenchef Alexander Buschle. Geistig Behinderte jedoch würden sich „deutlich mehr mit ihrer Arbeit identifizieren als andere“.
Die junge Frau greift in die Kiste mit hunderten Druckringen. Zwei dutzend nimmt sie heraus, lässt sie von der rechten in die linke Hand rieseln, von der linken in die rechte. Mit geübtem Blick sortiert sie einen Druckring, der nicht glatt ist, aus, legt ihn in eine separate Schachtel. Die anderen wiegt sie ab, dann kommen sie in einen Karton. 4500 Druckringe passen da rein. 15 Kartons stapeln sich bereits vor Ilona Rapp.
Die 28-Jährige arbeitet seit knapp zwei Jahren bei der Denkinger Firma mit insgesamt 34 Mitarbeitern. Sie habe motorische Einschränkungen, erzählt sie. „Am Anfang habe ich es nicht recht geglaubt und war nervös.“Sie empfindet ihre Tätigkeit, zu denen unter anderem auch palettieren gehört, als „abwechslungsreich“. Und sie fühlt sich für voll genommen. Mir ihren nicht-behinderten Kollegen käme sie „gut klar – ich fühle mich eingebunden“.
Mit einer weiteren Frau, die inzwischen ebenfalls fest angestellt ist, hatte Ilona Rapp als Praktikantin der Lebenshilfe-Werkstatt Rottweil in Denkingen angefangen. Insgesamt drei festangestellte behinderte Mitarbeiter hat SDN laut Firmenchef Alexander Buschle, hinzu kommen stets mindestens drei bis vier Praktikanten der Lebenshilfe. Er habe „ein bisschen eine soziale Ader“, begründet er sein Engagement, seine Frau sei Sozialpädagogin. Vor drei Jahren hatte das Unternehmen, das unter anderem Drehteile für die Automobilindustrie fertigt, dafür den dritten Platz beim landesweiten Jung-Unternehmerpreis der L-Bank errungen.
2008/2009 habe man viele Heimarbeiter beschäftigt, blickt Buschle zurück. „Aber die Ausschussquote war viel zu hoch – wir haben Leute gesucht, die eine höhere Flexibilität haben.“Angefangen habe man mit psychisch kranken Menschen, „aber es war, zum Beispiel mit depressiven Menschen, unheimlich schwierig“. Seit 2010/2011 arbeite man nun mit der Rottweiler Lebenshilfe zusammen. „Die behinderten Mitarbeiter sind bei uns voll integriert“, sagt Bu- schle. Sie bilden kein Trüppchen für sich, sondern seien zum Beispiel beim Mittagessen in der Kantine dabei. „Diese Woche sind wir abends alle zusammen essen.“
Christian Bohland leitet die Montage-Abteilung, in der die behinderten Beschäftigten Baugruppen in kleineren Stückzahlen zusammenfügen; zudem übernehmen sie Packund Kontrollarbeiten. „Ich achte darauf, mit ihnen ruhig umzugehen und Stress und Diskussionen von ihnen fernzuhalten.“Denn oft gebe es Zeitdruck, wenn Liefertermine eingehalten werden müssten. „Man muss Verständnis mitbringen, dass es etwas länger dauert“, sagt Bohland. „Maximal 60 Prozent“der Geschwindigkeit nicht-behinderter Beschäftigter würden diese erreichen.
„Aber wenn sie es können, arbeiten sie autonom und fast ohne Fehler“, betont Buschle. Sie seien „voll konzentriert und fokussiert auf ihre Tätigkeit“, lobt er ihren Eifer. Die Arbeit sei für diese Menschen „Erfolgserlebnis und Lebensbestätigung“. Er rückt die „Win-Win-Situation“für beide Seiten in den Vordergrund, denn an erster Stelle stehe natürlich der Erfolg der Firma.
Am Nebentisch von Ilona Rapp prüfen Mike Jäger und ein weiterer Praktikant von der Rottweiler Lebenshilfe-Werkstatt, „ob Gewinde in Ordnung sind“, wie Jäger erläutert. Voll konzentriert sind die beiden bei der Sache, die die meisten als monoton empfinden würden. „Mir macht die Arbeit Spaß“, sagt Mike Jäger. „Es ist nicht langweilig.“