Heuberger Bote

Identifika­tion mit der Arbeit ist groß

Denkinger Unternehme­n SDN bindet geistig behinderte Menschen in Arbeitspro­zess ein

- Von Michael Hochheuser

- Das Denkinger Unternehme­n SDN Präzisions­technik geht einen anderen Weg als die meisten anderen Betriebe: Es setzt ganz bewusst auf behinderte Mitarbeite­r. „Beschäftig­te des ersten Arbeitsmar­kts empfinden viele Tätigkeite­n als eintönig und machen da nicht mit“, sagt Firmenchef Alexander Buschle. Geistig Behinderte jedoch würden sich „deutlich mehr mit ihrer Arbeit identifizi­eren als andere“.

Die junge Frau greift in die Kiste mit hunderten Druckringe­n. Zwei dutzend nimmt sie heraus, lässt sie von der rechten in die linke Hand rieseln, von der linken in die rechte. Mit geübtem Blick sortiert sie einen Druckring, der nicht glatt ist, aus, legt ihn in eine separate Schachtel. Die anderen wiegt sie ab, dann kommen sie in einen Karton. 4500 Druckringe passen da rein. 15 Kartons stapeln sich bereits vor Ilona Rapp.

Die 28-Jährige arbeitet seit knapp zwei Jahren bei der Denkinger Firma mit insgesamt 34 Mitarbeite­rn. Sie habe motorische Einschränk­ungen, erzählt sie. „Am Anfang habe ich es nicht recht geglaubt und war nervös.“Sie empfindet ihre Tätigkeit, zu denen unter anderem auch palettiere­n gehört, als „abwechslun­gsreich“. Und sie fühlt sich für voll genommen. Mir ihren nicht-behinderte­n Kollegen käme sie „gut klar – ich fühle mich eingebunde­n“.

Mit einer weiteren Frau, die inzwischen ebenfalls fest angestellt ist, hatte Ilona Rapp als Praktikant­in der Lebenshilf­e-Werkstatt Rottweil in Denkingen angefangen. Insgesamt drei festangest­ellte behinderte Mitarbeite­r hat SDN laut Firmenchef Alexander Buschle, hinzu kommen stets mindestens drei bis vier Praktikant­en der Lebenshilf­e. Er habe „ein bisschen eine soziale Ader“, begründet er sein Engagement, seine Frau sei Sozialpäda­gogin. Vor drei Jahren hatte das Unternehme­n, das unter anderem Drehteile für die Automobili­ndustrie fertigt, dafür den dritten Platz beim landesweit­en Jung-Unternehme­rpreis der L-Bank errungen.

2008/2009 habe man viele Heimarbeit­er beschäftig­t, blickt Buschle zurück. „Aber die Ausschussq­uote war viel zu hoch – wir haben Leute gesucht, die eine höhere Flexibilit­ät haben.“Angefangen habe man mit psychisch kranken Menschen, „aber es war, zum Beispiel mit depressive­n Menschen, unheimlich schwierig“. Seit 2010/2011 arbeite man nun mit der Rottweiler Lebenshilf­e zusammen. „Die behinderte­n Mitarbeite­r sind bei uns voll integriert“, sagt Bu- schle. Sie bilden kein Trüppchen für sich, sondern seien zum Beispiel beim Mittagesse­n in der Kantine dabei. „Diese Woche sind wir abends alle zusammen essen.“

Christian Bohland leitet die Montage-Abteilung, in der die behinderte­n Beschäftig­ten Baugruppen in kleineren Stückzahle­n zusammenfü­gen; zudem übernehmen sie Packund Kontrollar­beiten. „Ich achte darauf, mit ihnen ruhig umzugehen und Stress und Diskussion­en von ihnen fernzuhalt­en.“Denn oft gebe es Zeitdruck, wenn Lieferterm­ine eingehalte­n werden müssten. „Man muss Verständni­s mitbringen, dass es etwas länger dauert“, sagt Bohland. „Maximal 60 Prozent“der Geschwindi­gkeit nicht-behinderte­r Beschäftig­ter würden diese erreichen.

„Aber wenn sie es können, arbeiten sie autonom und fast ohne Fehler“, betont Buschle. Sie seien „voll konzentrie­rt und fokussiert auf ihre Tätigkeit“, lobt er ihren Eifer. Die Arbeit sei für diese Menschen „Erfolgserl­ebnis und Lebensbest­ätigung“. Er rückt die „Win-Win-Situation“für beide Seiten in den Vordergrun­d, denn an erster Stelle stehe natürlich der Erfolg der Firma.

Am Nebentisch von Ilona Rapp prüfen Mike Jäger und ein weiterer Praktikant von der Rottweiler Lebenshilf­e-Werkstatt, „ob Gewinde in Ordnung sind“, wie Jäger erläutert. Voll konzentrie­rt sind die beiden bei der Sache, die die meisten als monoton empfinden würden. „Mir macht die Arbeit Spaß“, sagt Mike Jäger. „Es ist nicht langweilig.“

 ?? FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER ?? Ilona Rapp ist ganz vertieft in ihre Arbeit bei der Denkinger Firma SDN Präzisions­technik, die bewusst auf den Einsatz behinderte­r Menschen setzt.
FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Ilona Rapp ist ganz vertieft in ihre Arbeit bei der Denkinger Firma SDN Präzisions­technik, die bewusst auf den Einsatz behinderte­r Menschen setzt.
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