Protest gegen das Bier-Patent
Bei Patenten für Braugerste, die Carlsberg und Heineken bekommen haben, läuft heute die Einspruchsfrist ab
- Heute wollen Kritiker vor dem Europäischen Patentamt (EPA) demonstrieren. Die Bierkonzerne Heineken und Carlsberg hatten sich Braugerste schützen lassen. Die Gegner argumentieren, dass damit der Produktionsprozess monoplisiert würde.
Brauerei-Besitzer Gottfried Härle ist überrascht. „Von einem Patent auf Braugerste höre ich zum ersten Mal.“Er macht sich Sorgen über Schutzrechte, die die Bier-Konzerne Heineken und Carlsberg zusammen beim Europäischen Patentamt (EPA) in München erwirkt haben. „Wenn solche Patente Bestand haben, wäre das ein Skandal“, sagt Härle, Chef der gleichnamigen Brauerei in Leutkirch (Kreis Ravensburg). Heute läuft die Einspruchsfrist für eines der Patente ab. Deswegen organisieren die Kritiker, unter anderem das Bündnis „Kein Patent auf Saatgut“und die Arbeitsgemeinschaft Bäuerlicher Landwirtschaft (ABL), einen Protest vor dem Amt. Sie fahren mit einem traditionellen Bierfuhrwerk vor und schenken Freibier aus, allerdings alkolholfrei. Die Patente hatten Carlsberg und Heineken bereits 2016 erhalten, ohne dass die Öffentlichkeit und die Branche groß Notiz genommen hatten. Die Schutzrechte beziehen sich auf die Auswahl zweier natürlich vorkommender, zufälliger Mutationen bei Braugerste und deren Kombination im Rahmen einer konventionellen Kreuzung. In der neuen Pflanze fehlen störende Geschmacksstoffe. Außerdem verbrauche der Brauprozess weniger Energie, erklärte Carlsberg.
Momentan dürfen die entsprechenden Pflanzen nur noch von den beiden Konzernen verwendet werden, es sei denn, diese erlauben andern Firmen die Nutzung gegen die Zahlung von Lizenzgebühren. Laut Carlsberg stellt das kein Problem dar, weil die fraglichen Pflanzen nur einen kleinen Anteil am europäischen BraugersteMarkt ausmachten.
Brauerei-Chef Härle ist trotzdem alarmiert. Wegen des Reinheitsgebots sei Braugerste in nahezu allen einheimischen Bieren enthalten. Verwendet würden 40 bis 50 gängige Sorten. Werde diese Auswahl durch Patentierung verringert, bringe das finanzielle Nachteile für Brauereien mit sich. „Braugerste muss ein frei zugänglicher Rohstoff bleiben“, so Härle. „Patente darauf könnten die Entwicklung unserer Firma einschränken. Das Patentamt sollte nicht dieser Weise den Interessen von Großkonzernen folgen.“Heineken und Carlsberg sind nach Anheuser-Busch InBev die größten Bierkonzerne der Welt.
Die drei Patente sind bereits in Kraft. Einsprüche haben keine aufschiebende Wirkung. Grundsätzlich könnte das Europäische Patentamt die Schutzrechte aber widerrufen. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Derweil läuft ein politischer Prozess. Nach zehn Jahren öffentlicher Auseinandersetzungen um die Patentierung von Pflanzen und Tieren will die EUKommission eine Karstellung der Gesetze erreichen. Biologische Verfahren wie konventionelle Züchtung und Kreuzung, sowie deren Erzeugnisse sollen demnach nicht patentierbar sein, im Gegensatz zu gentechnologischen Veränderungen.
Wie die Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation, die das Patentamt tragen, diesen Willen umsetzen, wird sich bald zeigen. Christoph Then vom Bündnis „Kein Patent auf Saatgut“fordert, dass auch natürliche Mutationen, wie sie im Fall der Braugerste eine Rolle spielen, nicht geschützt werden dürfen.