Vielstimmig vielseitig
SWR Vokalensemble begeistert in Weingarten
- Am Pfingstmontag ist das Bodenseefestival im Salemer Schlosspark mit der SWR Big Band und einer Verbeugung vor der Jubilarin Ella Fitzgerald zu Ende gegangen. Mit den sphärisch reinen Klängen des SWR Vokalensembles, einem anderen Spitzenklangkörper dieses Senders und Partner des Festivals, konnten die Freunde der a-cappellaMusik am Samstag den besonderen Raumklang der Basilika Weingarten genießen.
Nicht allein nordamerikanische Komponisten hatte der englische Chormeister Marcus Creed für dieses Programm ausgewählt. Mit „Walden, the Distiller of Celestial Dews“des böhmischen Komponisten Martin Smolka brachte der Chor ein faszinierendes Beispiel zeitgenössischer Vokalmusik dar. Die klangprächtigen Motetten von Anton Bruckner bildeten den äußeren Rahmen für das Motto „Klangräume – Raumklänge“.
Bruckners Motetten sind im Repertoire vieler Chorvereinigungen. Umso schöner, wenn man sie so wunderbar frei von Intonationsschwankungen, mit selbstverständlich gestaffelter Dynamik, klar herausgearbeiteten Linien und schwebend reinen Schlussklängen hören kann wie bei diesen Profisängerinnen und –sängern!
Mit zwei spätromantischen Psalmvertonungen des jungen Charles Ives griff das Ensemble das Festivalmotto „Variations on America“auf, um mit dem „Agnus Dei“von Samuel Barber eines der zentralen Werke dieser vergangenen Wochen zu intonieren: Denn dahinter verbirgt sich das berühmte „Adagio for Strings“, das in mehreren Varianten erklungen war. Im ruhigen Fluss der Stimmen, die sich wie Wellen zwischen hohen Sopranen und tiefen Bässen verströmten, war dies sicher eine der schönsten Fassungen.
Sphärenklänge
Facettenreich hat Heitor Villa-Lobos in seinen „Bendita sabedoria“Bibelworte vertont: Auch hier konnte das SWR Vokalensemble seine Vielseitigkeit beweisen.
Wie selbstverständlich die Stuttgarter aber mit den Sphärenklängen, Clustern, Klangreibungen oder den Mitteln des Sprechgesangs der zeitgenössischen Vokalmusik umgehen, zeigten sie in „Walden“von Martin Smolka nach Texten von Henry David Thoreau. Dessen intensive Verbindung mit der Natur, mit Pflanzen, Gestirnen und Tieren spiegelte sich auf faszinierende Weise in den Klängen: da tat sich die ruhige Fläche eines Bergsees auf, konnte man sich das Aufplatzen von Samenkapseln vorstellen, wurden manche Klänge durch die sparsam eingesetzten Obertöne eines Schlagzeugs (Markus Maier) akzentuiert.
Aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten konnte man in den letzten Wochen einige kulturelle Highlights erleben, die freilich nie das ganze Land abbilden können. Der schillernde Cameron Carpenter hat sein riesiges Instrument mit den wummernden Basslautsprechern wieder eingepackt, ebenso wie die feingliedrige und doch so präsente Saxophonistin Grace Kelly. Im kommenden Jahr feiert das Bodenseefestival bereits seinen 30. Geburtstag und wendet sich mit dem jungen Pianisten Dmitry Masleev nach „Russland – Vorwärts zu neuen Ufern“.