Spaichinger Erlebnisse prägen Geißler
Der streitbare CDU-Politiker und Autor kommt zur Enthüllung der KZ-Erinnerungstafel
- Heiner Geißler, früherer Bundesminister und CDU-Generalsekretär, kommt am 19. Juli zur Enthüllung einer Informationstafel über das Spaichinger KZ in die Primstadt. Und er wird als Zeitzeuge darüber sprechen, was er als 14-Jähriger hier erlebt hat. Geißler hat in den letzten Kriegsjahren mit seiner Familie in Spaichingen gelebt. Geboren und zuvor aufgewachsen ist er in Oberndorf am Neckar, wo seine Familie herstammt.
Der Verein „KZ-Gedenken in Spaichingen“organisiert eine Feierstunde zur Enthüllung der Tafel. Denn bis auf eine kleine, leicht zu übersehende Plakette und „Stolpersteinen“im Bereich des Markt- und Postplatzes sowie am Weg, den die KZ-Häftlinge zwischen September 1944 und April 1945 gehen mussten, gibt es keine weitere Information zum KZ Spaichingen im öffentlichen Raum. Die Tafel ist wieder ein künstlerisches Projekt, an dem Wolfgang Schmid, der Spaichinger Künstler Frieder Preis und der Kunstlehrer Frank Mrowka beteiligt waren.
Heiner Geißler beschreibt in einer kleinen Passage in seinem neuesten Buch „Was müsste Luther heute sagen?“die Szenen, die wohl den meisten Zeitzeugen in Mark und Bein verankert geblieben sind: Die Häftlinge, wie sie brutal durch die Stadt zu der Baustelle in der Lehmgrube getrieben wurden, und die Winternacht, als sadistische Wärter des KZs mehrere Häftlinge mit Wasser übergossen haben und deren Schreie eine Stunde lang in der Stadt zu hören gewesen waren.
Diese Situation, und auch eine Szene, bei der der Vater – immerhin Offizier – einen Kapo anwies, aufzuhören einen Häftling zu prügeln, beschrieb Geißler bereits in einem Interview mit dieser Zeitung 2009. Anlass dafür war die Ausstellung KarlHeinz Reisers „Dokumente des Grauens“mit Totenbildern von gefallenen Soldaten. Dabei war auch eines von Eugen Geißler, des älteren Bruders von Heiner Geißler.
Seine Erfahrungen hätten bei ihm zur Folge gehabt, „dass der Widerstand gegen alles Nationalistische und Rechtsradikale unausrottbar gewesen ist“, wie er in einem späteren Interview sagte. Geißler ist Kapitalismuskritiker bei Attac, attackierte als CDU-Generalsekretär aber auch mit Schmackes Friedensbewegung und Linke. Bis heute ist der 87-Jährige streitbar und scharfzüngig.
Wie Wolfgang Schmid auf die Idee kam, Geissler zu der Enthüllung der Tafel einzuladen? Ein Schüler hatte bei einer Führung einen Text vorgetragen, ausgelöst durch ein Fernsehporträt des SWR im Mai, als Geißler von der Geschichte in Spaichingen erzählte. Obwohl ständig unterwegs und präsent, sagte er sofort zu.