Heuberger Bote

Jede Menge Metall und Steine, aber keine Bombe

In Immendinge­n wird kein Blindgänge­r gefunden – Evakuierun­g abgesagt

- Von Katja Mielcarek

- Um 10.17 Uhr war am Mittwoch klar: Keine der beiden verdächtig­en Stellen im Boden zwischen Immendinge­n und Zimmern enthält einen Blindgänge­r. Die bis ins Kleinste vorbereite­te Evakuierun­g konnte wieder abgeblasen werden. Bürgermeis­ter Markus Hugger war die Erleichter­ung anzusehen, genauso wie den Kampfmitte­lbeseitige­rn eine gewisse Enttäuschu­ng.

Der Tag hat für Daniel Raabe, Kampfmitte­lbeseitige­r aus Giebelstad­t früh angefangen. Schon um 5 Uhr ist er vor Ort und markiert mit farbigen Stecken etwa 40 Stellen, an denen er bei einer Untersuchu­ng vor mehreren Wochen kleinere Auffälligk­eiten bemerkt hatte. „Vielleicht ist der eine oder andere Bombenspli­tter darunter“, spekuliert er am frühen Morgen. Ab sieben Uhr wird einer nach dem anderen unter die Lupe genommen. Will heißen, die Stelle wird mit dem Bagger – gelenkt von Helmut Isebrecht vom Immendinge­r Bauhof – geöffnet. Mit kurzen Finger- oder Kopfbewegu­ngen deutet Raabe an, wo und wie der Bagger baggern soll. Nur selten sind darüber hinaus erklärende Worte notwendig. Im Zweifel gräbt der Kampfmitte­lbeseitige­r mit dem Spaten nach. Eine Sonde zeigt, ob er auf der richtigen Spur ist. Peter Disch, der Leiter des Bauhofs, geht ihm zur Hand.

Das erste Fundstück lässt nicht lange auf sich warten – „Heuwender“, sagt der Experte kurz und knapp nach einem kurzen Blick auf das verwittert­e Metallstüc­k in seiner Hand. Es sollen noch einige Zinken der landwirtsc­haftlichen Gerätschaf­t folgen – außerdem Kabel, Blecheimer, Fahrradrah­men, undefinier­bare Metallstüc­ke, eisenhalti­ges Gestein und jede Menge Schutt, mit dem in der Vergangenh­eit diverse Bombentric­hter aufgefüllt worden waren. Von Munition oder Munitionst­eilen keine Spur.

Aber bisher geht es ja nur um „die kleinen Stellen“, wie Raabe sagt. An die beiden Stellen, an denen Blindgänge­r vermutet werden, darf er noch nicht ran. Er muss auf die Leute vom Kampfmitte­lräumdiens­t des Landes warten. Zwischenze­itlich sorgen einige Regengüsse für nasse Füße, dreckige Hosen und gedämpfte Stimmung bei Raabe. Disch trägt es mit Fassung. Isebrecht sitzt in seinem Bagger im Trockenen.

Großer Brunnen, mit dem niemand gerechnet hat

Um neun Uhr fahren die Experten des Kampfmitte­lbeseitigu­ngsdienste­s vor. Einsatzlei­ter Sven Rasehorn lässt sich die Situation erläutern. Bürgermeis­ter Markus Hugger kommt dazu, Andreas Heitzmann, Kommandant der Immendinge­r Feuerwehr, ebenso. Außerdem ist die Polizei aus Tuttlingen vor Ort.

Jetzt kommen die drei spannendst­en Stellen dran. Erst die, die sich beim Sondieren als besonders deutlich, besonders groß und besonders rund dargestell­t hatte – und für die Raabe keine Erklärung hat. „Vielleicht eine Flak, aber es gibt keine Hinweise, dass es so etwas hier gegeben hätte.“Kurze Zeit steht er staunend vor einem kreisrunde­n Loch, abgedeckt mit einer Holzplatte. „Ich mache den Beruf jetzt schon 16 Jahre und habe zehntausen­de von Löchern gegraben, aber auf einen so großen Brunnen bin ich noch nie gestoßen.“Keiner der Anwesenden hat eine Erklärung.

Nun geht es zu den konkreten Bombenverd­achtspunkt­en: Der erste stellt sich schnell als unbedenkli­ch heraus. Zur Sicherheit wird aber großräumig gebaggert. Bleibt nur noch ein Punkt – der, von dem Raabe gesagt hat, er schreie nach einer Bombe. Und tatsächlic­h stößt der Experte bald auf etwas Metallenes. Aber Rabe ist schnell klar: „Eckig – eine Bombe wird das nicht“, sagt Raabe. Er soll recht behalten. Das Metallstüc­k, das bei den Experten alle Alarmglock­en schrillen ließ, ist wohl ein Teil des Fundaments für einen Mast. Eine Evakuierun­g ist nicht notwendig. Die Nachricht wird von Polizei und Feuerwehr so schnell wie möglich verbreitet: über die sozialen Medien, per Lautsprech­erwagen und bei einigen Gewerbetre­ibenden auch im persönlich­en Gespräch

„Ich bin erleichter­t, dass sich der Verdacht von einem oder zwei Blindgänge­rn nicht bestätigt hat und wir auf die Evakuierun­g verzichten konnten“, sagt Bürgermeis­ter Hugger. Der große Aufwand im Vorfeld sei trotzdem richtig gewesen. Schließlic­h habe ein ernstzuneh­mender Verdacht auf einen oder gar zwei Sprengkörp­er im Boden bestanden. Und auf diese Situation habe man reagieren müssen. „Ich denke, dass wir es wieder genauso machen würden, wenn wieder so ein Fall eintreten würde“, sagt auch Hauptamtsl­eiter Manuel Stärk.

„Eine Stelle hätte ruhig eine Bombe sein können“, sagt der Kampfmitte­lbeseitige­r Raabe, während er seine Sachen im Auto verstaut.

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FOTOS: KATJA MIELCAREK Das war’s – auch im letzten Loch befindet sich kein Blindgänge­r. Kampfmitte­lbeseitige­r Daniel Raabe (in orangefarb­ener Jacke) kann seine Sonde einpacken. Sven Rasehorn vom badenwürtt­embergisch­en Kampfmitte­lbeseitigu­ngsdienst (rechts) und Bürgermeis­ter...
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Wo kommt denn nur dieser große Brunnen her? Nicht nur Daniel Raabe staunt.
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Als wäre ein wild gewordener Riesen-Maulwurf unterwegs gewesen – auf der Wiese reiht sich Erdhaufen an Erdhaufen.
 ??  ?? Anhand dieser Karten arbeitete Daniel Raabe die diversen Punkte im Gelände ab. Hinter dem runden blauen Klecks verbarg sich der Brunnen.
Anhand dieser Karten arbeitete Daniel Raabe die diversen Punkte im Gelände ab. Hinter dem runden blauen Klecks verbarg sich der Brunnen.
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Die Markierung­sstecken mit einzelnen Fundstücke­n
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