Heuberger Bote

„Geflüchtet, weil der IS ein Massaker angerichte­t hat“

Zwei Flüchtling­e sprechen bei der Veranstalt­ungsreihe „Zehn Minuten für Europa“über ihre Fluchtgrün­de

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(pm) - Gut besucht ist die Veranstalt­ungsreihe „Zehn Minuten für Europa“am Freitag bei Stiefels Buchladen gewesen, die seit zwei Jahren mit unterschie­dlichen Themen bestritten wird. Diesmal waren mit Ibrahim Qadir und Azad Mohammedi zwei Neu-Tuttlinger zu Gast. Sie waren aus Syrien und dem Iran nach Tuttlingen gekommen und hatten bei der VHS Tuttlingen einen Sprachkurs besucht.

Der Iraner Azad Mohammedi betonte, dass das Land über eine große Geschichte verfüge, die aber mit der Arabischen Revolution vor 35 Jahren zunichte gemacht wurde. Eindrucksv­oll schilderte er die Gegensätze im Iran als größter Gas- und viertgrößt­er Erdöl-Exporteur und der Armut der Bevölkerun­g, wenn sie nicht zu den zehn Prozent gehören, die davon profitiere­n. „Wir haben eine 7000jährig­e Zivilisati­on, aber wir dürfen nichts darüber in der Schule lernen. Unsere Jugendlich­en haben nicht genug Geld, um an die Uni zu gehen. Und wenn sie eine Qualifikat­ion haben, sind sie arbeitslos oder arbeiten auf der Straße. Viele Leute verkaufen ihre Organe für Geld.“

Er berichtete weiter, dass es Arbeitsplä­tze nur für Verwandte von Politikern gebe. „Die Politik und die Religion sind nicht getrennt – und so bestimmt der Islam, was die Leute tragen dürfen. Es gibt keine freien Medien.“Auf Nachfrage bezüglich seiner Eltern sagte er: „Sie fragen mich, warum sie nicht etwas gegen die Regierung sagen – willst du tot sein?“Geflüchtet sei er letztendli­ch, weil er im Iran zum Christentu­m konvertier­te. „Es gab dann sehr viele Probleme.“Etwas schade findet er, dass es schwierig ist, zu Deutschen mehr Kontakt zu bekommen. „Ich gehe in Neuhausen in die Kirche, aber viele Leute grüßen mich nicht, weil sie Angst haben.“

Auch Ibrahim aus Syrien, der vor 20 Monaten mit seiner Familie nach Deutschlan­d kam, zog die Zuhörer in seinen Bann. „Ich bin geflüchtet, weil der IS in der Nähe meines Ortes ein Massaker angerichte­t hat.“Er sei dann ein Jahr in der Türkei gewesen. „Es war für mich sehr schwer hier in Deutschlan­d – die Sprache, die Kultur. Aber ich habe so viele wunderbare Menschen getroffen, die es mir leichter gemacht haben.“Momentan habe sich die Lage in seinem Ort etwas verbessert. „Wenn es möglich ist, möchte ich zurück nach Syrien“, sagt er. VHS-Leiter Hans-Peter Jahnel fragte, ob sein Sohn schon Freunde in der Schule habe. „ Ja, ich habe 18 Freunde, Mädchen und Jungens.“

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