Heuberger Bote

Abschied nach einer „wunderschö­nen Zeit“

Katharina Heubach gibt ihre Aufgaben als Mesnerin in Wurmlingen nach 35 Jahren ab

- Von Alexandra Schneid

- Katharina Heubach ist seit 35 Jahren Mesnerin in der evangelisc­hen Kirchengem­einde in Wurmlingen. Im August wird die 80Jährige zum letzten Mal die Gottesdien­stbesucher am Kirchenein­gang begrüßen. Als sie nach dem Zweiten Weltkrieg nach Wurmlingen kam, half sie, die Evangelisc­he Kirche Stein für Stein aufzubauen.

Als Mesnerin hat sich Katharina Heubach „für alles verantwort­lich gefühlt“, erzählt sie. All die Jahre hat sie die Liedernumm­ern auf eine Tafel für den Gottesdien­st gesteckt, die Schrift aufgeschla­gen, sich um den Pfarrer und die Konfirmand­en gekümmert, Blumen zu Gestecken gebunden, Kontakt zur Gemeinde gehalten und früher auch die Kirche gereinigt. Ab September übernimmt jemand anders diese Aufgaben. Die 80-Jährige hört aus Altersgrün­den auf.

Im Jahr 1982 wurde Heubach Mesnerin. Ihr Mann, den sie in Wurmlingen kennengele­rnt hatte, übernahm Hausmeiste­rtätigkeit­en, wie Gartenpfle­ge. Wenn Katharina Heubach an die Zeit als Mesnerin denkt, erinnert sie sich an schöne und traurige Momente. Sie freue sich beispielsw­eise, wenn die Kinder, die sie von früher kenne, heiraten oder wiederum deren Kinder getauft würden. Traurig hingegen sei der Tod eines jeden Gemeindemi­tglieds. „Solange ich Mesnerin bin, will ich bei der Beerdigung die Kirchenglo­cken läuten“, hat sich Heubach vorgenomme­n, die auch acht Jahre lang im Kirchengem­einderat war.

In den 35 Jahren hat die 80-Jährige viel erlebt und kennt auch die eine oder andere Anekdote. „Einmal habe ich beim Abendmahl in der Kirche vergessen, die Kelche mit Wein zu füllen. Da denke ich mit Schrecken zurück“, berichtet Heubach. Im Nachhinein könne sie aber darüber schmunzeln. Im Laufe der Zeit „sind mir alle ans Herz gewachsen“, sagt sie – und sie den Wurmlinger­n. Oft wird sie auf der Straße angesproch­en. „Die Konfirmand­en rufen nach mir. Das ist im Dorf eben so“, erzählt Heubach.

Im Jahr 1944 flüchtete die damals achtjährig­e Katharina Heubach mit ihrer Mutter und Schwester wegen des Krieges aus Rumänien. „Von einem auf den anderen Tag mussten wir unsere Heimat verlassen“, sagt sie. 1949 kamen die Frauen nach Wurmlingen. Die Kirche war ihr schon immer wichtig. Da Wurmlingen zu dieser Zeit streng katholisch war und es noch keine evangelisc­he Kirche gab, machte sie sich im Sommer 1949 immer zu Fuß auf den Weg nach Rietheim, um dort den Gottesdien­st zu besuchen. „Wir waren damals nicht ganz 100 Evangelisc­he“, berichtet Heubach.

Pfarrer Wilhelm Länge aus Tuttlingen, der auch für die evangelisc­hen Wurmlinger zuständig war, setzte sich für die Gläubigen ein. Mit viel Eigenleist­ung errichtete­n sie in den 50er-Jahren ihre eigene evangelisc­he Kirche in Wurmlingen. Den Platz dafür haben sie von der Gemeinde geschenkt bekommen. Die Einweihung des Gotteshaus­es im Jahr 1954 war ein großes Fest. Heubach erinnert sich gut an die Skepsis der streng katholisch­en Wurmlinger. Aber: „Als wir dann unsere eigene

Pfarrer Andreas Wagner der evangelisc­hen Kirchengem­einde in Wurmlingen

Kirche hatten, wurden wir mehr anerkannt“, ergänzt die Mesnerin. Dazu trug auch das Vereinsleb­en, das in den 50er- und 60er-Jahren wieder aufkam, bei.

Pfarrer Wilhelm Länge war der erste Pfarrer der evangelisc­hen Kirche in Wurmlingen. Er hatte seine ganz eigene Art, die Gläubigen dazu zu bringen, den Gottesdien­st zu besuchen. „Er kam immer mit dem Moped, hat im Ort angehalten und gehupt“, erinnert sich Heubach. Der jetzige Pfarrer in Wurmlingen, Andreas Wagner, ist der siebte, den die 80-Jährige erlebt. Und mit jedem Pfarrer habe sich die Kirche verändert, stellt sie fest.

Pfarrer Andreas Wagner sagt, die 80-Jährige hinterlass­e große Fußspuren. Eine Nachfolge sei aber gesichert. Katharina Heubach fällt der Abschied nach der „wunderschö­nen Zeit“sehr schwer, sagt sie. Rar machen – das wolle sie sich auf alle Fälle nicht.

„Solange ich Mesnerin bin, will ich bei der Beerdigung die Kirchenglo­cken läuten.“

Katharina Heubach, Mesnerin „Sie hinterläss­t große Fußspuren.“

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FOTO: ALEXANDRA SCHNEID Mesnerin Katharina Heubach begrüßt die Gottesdien­stbesucher vor der Kirche mit dem Gesangbuch in der Hand.

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