Ein Nähkreis geht online
Die Initiative von TroAsyl wandelt auf professionellen Pfaden - Modenschau am Mittwoch
- Wenn aus einem kleinen Arbeitskreis eine echte Unternehmung wird, dann haben die Beteiligten richtig gute Arbeit gemacht. Diese Erfolgsgeschichte erlebt gerade der Trossinger Nähkreis „Fadenlauf“von TroAsyl. Drei Studentinnen haben für die Ehrenamtlichen ein Geschäftskonzept und einen Onlineshop entwickelt. Am Mittwoch, 14. Juni, gibt es eine Modenschau.
Wenn Rita Buggle-Fink Gäste durch die Dachgeschossräume im Haus der Diakonie führt und erzählt, welche Fahrt der Nähkreis in den vergangenen Wochen aufgenommen hat, dann scheint sie selbst noch ein wenig zu staunen. „Wir haben den Nähkreis als Ehrenamtliche von TroAsyl im Winter 2015 gegründet, um den Frauen im Flüchtlingsheim die Möglichkeit zu geben, ohne ihre Männer das Haus verlassen zu können. Uns ging es darum, dass sie mit uns stricken und nähen und gleichzeitig Deutsch lernen können.“
Denn auch wenn die Näharbeiten der Frauen bereits ihre Fans haben, in Sachen Marketing tat sich das Team um Rita Buggle-Fink schwer. „Wir wollten nicht für den Schrank nähen und haben deshalb versucht, unsere Waren zu verkaufen“, sagt die engagierte Helferin. Doch so recht in Fahrt kam das Geschäft nicht. „,Ihr müsst online gehen’, haben uns immer wieder Leute gesagt“, so BuggleFink weiter. Und an diesem Punkt trafen die Trossinger Näherinnen auf die Studentinnen aus Furtwangen.
Professionelles Marketing
Verena Baiz, Melanie Hennemann und Laura Leibinger sind die Studentinnen, die sich für den Nähkreis einsetzen. Sie mussten für ihr Studium an der Hochschule Furtwangen ein Semesterprojekt in Sachen Projektmanagement auf die Beine stellen und haben sich als Projektpartner um den Nähkreis bemüht. Bei den Ehrenamtlichen kam die Idee gut an und die Zusammenarbeit funktioniert. Aus dem ehemaligen Näh-, Handarbeits- und Sprachkreis wurde „Fadenlauf“, statt ausschließlich auf Märkten, können die Frauen nun auch in ihrem Online-Shop bei Dawanda ihre Produkte anbieten. „Wir verkaufen nur Sachen, die auf qualitativ hohem Niveau genäht sind“, betont Rita Buggle-Fink. Die Modenschau, die am Mittwoch, 14. Juni, im Brenz-Gemeindehaus stattfinden wird, soll „Fadenlauf“auch lokal bekannter machen.
Dass das Projekt einmal eine solch große Sache werden wird, hat anfangs wohl niemand geahnt. Mit gespendeten Nähmaschinen und Stoffen fing das internationale Team an, Gartenschürzen, Kinderkleidung und vieles mehr zu nähen. „Manche Frauen kamen einfach nur, um mal aus dem Heim raus zu kommen und Kontakt zu Einheimischen zu haben“, so Rita Buggle-Fink. Andere nähten sich Kleider, „weil die deutsche Mode nicht unbedingt das ist, was afghanische Frauen als ansprechend empfinden“.
Schnell zeigte sich aber, dass zwei Frauen wahre Schneidertalente sind. „Sie nehmen Maß und schneiden dann den Stoff ohne Schnittmuster frei Hand“, so Rita Buggle-Fink. Die Kleidungsstücke, die dabei herauskommen, stehen der Arbeit einer gelernten Schneiderin in nichts nach. „Da kam uns die Idee, dass wir die Beiden für wenige Stunden in der Woche anstellen, so dass sie etwas verdienen können“, fährt sie fort.
„Wenigstens Mindestlohn“
Die beiden Afghaninnen arbeiten nun für 1,05 Euro die Stunde, dürfen das verdiente Geld aber ohne Abzüge behalten. „Wenn sie ihre Anerkennung haben, dürfen wir ihnen nur noch 88 Cent bezahlen“, bedauert Buggle-Fink und ist entrüstet: „Das kann doch nicht sein. Wenigstens den Mindestlohn sollten sie bekommen können.“
Daran, wie das Problem gelöst werden kann, wollen die Ehrenamtlichen von „Fadenlauf“noch tüfteln. Und auch ein weiteres Problem muss gelöst werden. „Wir brauchen einen Träger für unser Vorhaben. Bisher fehlt uns der rechtliche Rahmen, weil wir kein eingetragener Verein sind. Ich hoffe sehr, dass wir einen christlichen Träger finden“, sagt Rita Buggle-Fink und hat auch schon eine Idee: „Der Tafel- und Kleiderladen würde gut zu uns passen. Auch dort geht es um Upcycling, also das Nutzbarmachen von Dingen, die sonst im Müll enden würden.“
Auf Dauer kann „Fadenlauf“nicht im Haus der Diakonie bleiben. „Wir sind auf der Suche nach einer neuen Unterkunft. Die Räume sollten zentral gelegen sein und mindestens Platz für unsere Nähwerkstatt, dass Stofflager und einen weiteren Raum haben. „Toll wäre natürlich auch eine kleine Ausstellungsfläche“, sagt Rita Buggle-Fink und plant damit schon das nächste Projekt.