Heuberger Bote

Capoeira: Kampftanz mit Rhythmus im Blut

Tuttlinger Verein legt traditione­llen Sport modern aus

- Von Lilia Ben Amor

- Capoeira – das ist der melodische Name für brasiliani­schen Kampftanz. Während der Kolonialze­it von afrikanisc­hen Sklaven gegründet, ist Capoeira heute eine der wenigen Kampfsport­arten, die mit Musik und Rhythmus arbeiten. Auch in Tuttlingen gibt es eine kleine Capoeira-Gemeinscha­ft. Volontärin Lilia Ben Amor durfte für einen Tag Teil davon sein.

Beim Capoeira bleiben die Sportler immer im Fluss. Angreifen, dann ausweichen, wieder angreifen – es ist eine Mischung aus Kampf und Tanz. Aus der Musikbox kommen rhythmisch­e brasiliani­sche Klänge und die anderen Sportler stehen klatschend im Kreis um die „Spielenden“. Denn Capoeira wird nicht getanzt oder gekämpft – Capoeira wird gespielt.

Barfuß tapse ich auf die blaue Matte, die den gesamten Boden des kleinen Sportraums bedeckt. Nebenan trainieren bandagiert­e junge Männer Kickboxen bei den Buschkamp-Brüdern.

Sie nennen den Trainer Eisenkopf

„Wir starten jedes Training mit einem Gruß – Salve“, ruft der junge Trainer Anil Varsani und legt dabei seine rechte Hand auf die Brust. Die anderen Sportler machen es ihm nach. Rund zehn Mitglieder hat die CapoeiraGr­uppe in Tuttlingen. Mit seinem Namen spricht den Trainer hier aber niemand an. Eisenkopf, also „Ferro de cabeça“, oder kurz Ferro, nennen die Sportler ihn. Denn das ist sein Capoeira-Name, den er bei seiner ersten „Taufe“bekommen hat.

Ich selbst bin eher im Taekwondo beheimatet – ein Sport, bei dem es darum geht, den anderen mit Schlägen zu treffen. Doch das ist hier nicht das Ziel. Die Capoeirist­as spielen nur miteinande­r. Sie berühren sich zwar und werfen sich auch mal um, doch es geht um das Hin und Her zur Musik. Auf Anfänger wie mich nehmen sie Rücksicht: Weil ich langsam bin, greifen sie langsam an, damit ich rechtzeiti­g ausweichen kann.

Mittlerwei­le stehen uns die Schweißper­len auf der Stirn. Auch wenn Capoeira mit einer Leichtigke­it einhergeht, sind die Kicks und das ständige Aufstehen und Zubodengeh­en anstrengen­d. Zum Abschluss des Trainings treffen sich alle Sportler in einem Kreis. Bei der „Roda“spielen zwei Sportler in der Mitte des Kreises, während die anderen sie anfeuern und klatschen.

„Die Energie der Musik und der anderen, die klatschen – das ist ein tolles Erlebnis“, sagt Ninja, dessen Name außerhalb der Capoeira-Matte Christian Kräuter ist. In Brasilien habe ich bereits „Rodas“gesehen, bei denen die Sportler selbst die Musikinstr­umente spielen und Lieder singen. Doch der musikalisc­he Teil des Capoeiras ist in Tuttlingen eher Nebensache. „Sowas machen wir eher bei Workshops mit anderen Gruppen. Dafür ist unsere Gruppe zu klein“, sagt Varsani.

In Tuttlingen legen die Capoeirist­as ihren Sport eher modern aus. „Für Deutsche ist Capoeira oft nur ein Sport wie jeder andere, aber für Brasiliane­r ist er das Leben“, sagt Kräuter. Dennoch spüre ich auch in der kleinen Tuttlinger Gruppe dieses Gemeinscha­ftsgefühl. „Salve“rufe auch ich am Ende des Trainings und lege meine Hand auf die Brust.

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FOTOS: LILIA BEN AMOR Capoeira ist ein Spiel: Die Sportler greifen an, weichen aus und bleiben dabei im Rhythmus.
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Capoeira verbindet Kampfsport mit Akrobatik, Tanz und Musik.

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