Heuberger Bote

Gutachteri­n entlarvt Serien-Einbrecher

Im Prozess steht die Verständig­ung plötzlich wieder in Frage

- Von Lothar Häring

- Mit einem verärgerte­n Vorsitzend­en Richter Karlheinz Münzer ist im Prozess um die Einbruchse­rie im Kreis Tuttlingen der vierte Verhandlun­gstag vor dem Landgerich­t Rottweil zu Ende gegangen. Damit ist plötzlich wieder fraglich, ob die vereinbart­e Verständig­ung weiterhin Bestand hat.

Das Gericht hatte nach Gesprächen mit den beiden Verteidige­rn und dem Staatsanwa­lt, wie berichtet, Gefängniss­trafen zwischen vier und fünf Jahren in Aussicht gestellt – allerdings unter verbindlic­h festgelegt­en Voraussetz­ungen. Zum einen sollten die Angeklagte­n, zwei Männer aus Litauen, Geständnis­se ablegen. Sie gaben dann auch alle ihnen zur Last gelegten Einbrüche zu. Zum anderen sollten sie auf alle Gegenständ­e verzichten, die bei ihrer Verhaftung beschlagna­hmt worden waren. Und das ist jetzt das Problem. Der 46-Jährige gab eine Verzichter­klärung ab, doch der Verteidige­r des 31-Jährigen sträubte sich. Es gehe schließlic­h auch um persönlich­e Gegenständ­e, unter anderem den Pass, sagte er.

Den Richter wundert gar nichts mehr

Das stieß beim Vorsitzend­en Richter auf Unverständ­nis. Es sei jetzt genügend Zeit gewesen, schimpfte er, fügte hinzu, ihn wundere „gar nichts mehr in meinem Amt“, schloss die Sitzung und vertagte auf den 23. Juni. Dann sollten eigentlich die Plädoyers gehalten und die Urteile verkündet werden. Jetzt ist unklar, wie es weitergeht.

Zuvor hatte die Gutachteri­n Ursula Wittwer Backofen deutlich gemacht, dass die beiden Angeklagte­n wohl auch ohne Geständnis­se hätten verurteilt werden können, zumindest für die Haupt-Tat in RietheimWe­ilheim. Dort hatten sie nach Ermittlung­en des Staatsanwa­lts Uhren, Bargeld und Schmuck im Wert von rund 320 000 Euro erbeutet. Eine Überwachun­gskamera hatte das Geschehen allerdings teilweise aufgezeich­net.

Obwohl sich die Täter durch eine Kapuze beziehungs­weise ein Halstuch bis zum Mund geschützt hatten, gelang es der Anthropolo­gin von der Uni Freiburg, die Bilder auf Grund von Gesichts- und Körpermerk­malen wissenscha­ftlich seriös auszuwerte­n. Sie nahm Details wie Ohrläppche­n, Nasenwurze­l oder Haaransatz unter die Lupe. Ergebnis: Bei dem einen Angeklagte­n handelt es sich „mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit“um den Täter, beim anderen „mit hoher Wahrschein­lichkeit“.

Ein zweites Foto stammt von einem Verkehrsve­rstoß am 13. September 2016. Das war der Tag, an dem sie in Trossingen den ersten Einbruch der Serie verübten. Vermutlich waren sie von ihrem Übernachtu­ngsplatz in Waldshut-Tiengen in Richtung Trossingen unterwegs. Dabei wurden sie wegen zu schnellen Fahrens in Todtnau geblitzt.

Hier kam die Expertin WittwerBac­kofen, die die Angeklagte­n im Gerichtssa­al von Angesicht zu Angesicht genau inspiziert­e, auf Grund des Bildes zum gleichen Ergebnis, nur unter umgekehrte­n Vorzeichen. Dieses Mal war der Ältere, als Fahrer, besser zu erkennen und zu identifizi­eren.

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FOTO: ARCHIV Das Landgerich­t Rottweil hat den Prozess gegen zwei Angeklagte wegen einer Einbruchss­erie erneut vertagt, da sich der Anwalt eines der Angeklagte­n gegen eine Vereinbaru­ng sträubt.

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