Absolute Mehrheit für Macron
Zäsur in Frankreich – Wahlbeteiligung auf Rekordtief
(dpa) - Der französische Präsident Emmanuel Macron hat bei der Parlamentswahl eine absolute Mehrheit für sein Reformprogramm gewonnen. Laut ersten Hochrechnungen verschiedener Meinungsforschungsinstitute kam Macrons Lager im zweiten Wahlgang am Sonntag auf 355 bis 365 der 577 Sitze in der Nationalversammlung.
Der Sieg für Macrons erst vor gut einem Jahr gegründete Mitte-Partei und ihre Verbündeten bestätigt eine historische Zäsur für die französische Politik. Die etablierten Parteien der bürgerlichen Rechten und der Sozialisten mussten eine weitere Schlappe einstecken. Macron war vor sechs Wochen als jüngster französischer Präsident aller Zeiten in den Elyséepalast gewählt worden.
Die Wahlbeteiligung fiel am Sonntag auf ein Rekordtief. Sie lag laut Hochrechnungen um 43 Prozent und damit noch deutlich niedriger als im ersten Wahlgang.
- Emmanuel Macron nutzte das Wochenende zur Freizeitgestaltung. Radeln mit Frau Brigitte und Tennis standen für den französischen Präsidenten auf dem Programm. Der 39-Jährige konnte sich im schicken Badeort Le Touquet entspannt seinen Hobbys widmen, denn politisch stand für ihn nichts auf dem Spiel. Seiner Partei La République en Marche (LREM) war die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung nicht mehr zu nehmen. 355 bis 365 der 577 Sitze gewannen die „Macronisten“laut Hochrechnungen in der zweiten Runde der Parlamentswahlen. Allerdings fiel ihr Erfolg geringer aus als in den letzten Umfragen vor der Wahl erwartet.
„Die Franzosen haben uns zur ersten politischen Kraft gemacht“, sagte LREM-Staatssekretär Mounir Mahjoubi im Fernsehsender BFMTV. Macrons Minister gewannen ihre Wahlkreise. Das galt sowohl für Finanzminister Bruno Le Maire als auch für Wohnungsbauminister Richard Ferrand, der in eine Begünstigungsaffäre verwickelt ist. Der Sieg der erst vor 14 Monaten von Macron gegründeten Bewegung En Marche ging auf Kosten der traditionellen Parteien. Die konservativen Republikaner konnten nur mit maximal 128 Abgeordneten rechnen, nachdem sie in der alten Nationalversammlung noch 199 hatten. Ihre Kandidaten behaupteten sich aber vor allem auf dem Land besser als erwartet gegen LREM.
Die Sozialisten, die bisher mit 292 Mandaten die Mehrheit im Palais Bourbon stellten, kamen nur noch auf maximal 35 Abgeordnete. Parteichef Jean-Christophe Cambadélis zog sofort die Konsequenzen und kündigte seinen Rücktritt an. „Die Linke muss alles ändern: nicht nur die Form, sondern auch die Grundlagen. Ihre Ideen und ihre Organisation“, sagte der Kandidat für einen Sitz in Paris, der schon in der ersten Runde ausgeschieden war. An seine Stelle soll nun erst einmal eine kollektive Parteiführung treten, die die Parti Socialiste (PS) erneuern soll.
Marine Le Pen gewinnt Wahlkreis
Fast so stark wie die Sozialisten wurde La France Insoumise des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon, der Hochrechnungen zwischen 15 und 25 Parlamentarier voraussagten. Damit würde die Linkspartei den Fraktionsstatus schaffen, der bei 15 Sitzen liegt. Der rechtspopulistische Front National verfehlte dagegen die Fraktionsgröße.
Mit bis zu acht Abgeordneten schnitt die Partei von Marine Le Pen allerdings besser ab als bei den Parlamentswahlen vor fünf Jahren, als sie nur zwei Sitze gewonnen hatte. Le Pen zieht für ihren Wahlkreis HéninBeaumont ins Palais Bourbon. Auch ihr Lebensgefährte Louis Aliot gewann einen Parlamentssitz. Eine Niederlage erlitt dagegen Partei-Vize Florian Philippot in seinem lothringischen Wahlkreis Moselle. Die Wahlbeteiligung lag mit rund 42 Prozent so niedrig wie noch nie seit Gründung der Fünften Republik 1958.
Schon am Dienstag dürfte Macron wie nach einer Parlamentswahl üblich die Regierung umbilden. Allerdings werden kaum große personelle Veränderungen erwartet.