„Es ist ein gutes Miteinander gewachsen“
Pfarrer Johannes Amann über die Vor- und Nachteile einer Seelsorgeeinheit
(sz) - Die Seelsorgeeinheit (SE) Oberer Heuberg feiert am Sonntag in Reichenbach ihn zehnjähriges Bestehen. (Siehe Infokasten unten rechts.) Aus diesem Grund haben wir Pfarrer Johannes Amann zu einigen Gedanken zu der von ihm geleiteten SE gebeten.
Sechs Kirchengemeinden in einer Seelsorgeeinheit – für mich als Pfarrer, wie so oft, ganz konkret erlebbar innerhalb von zwei Tagen, nämlich an diesem Wochenende, 24. und 25. Juni: Am Samstag morgens Goldene Hochzeit in Egesheim (Hausbesuch), anschließend Requiem und Urnenbeisetzung in Bubsheim, nachmittags Festgottesdienste zum 50er-Fest in Königsheim und Mahlstetten, am Sonntag Seelsorgeeinheitsgottesdienst in Reichenbach, den Vorabendgottesdienst in Böttingen übernimmt Pfarrer i.R. Manfred Müller aus Wurmlingen.
Seelsorgeeinheit (SE) bedeutet einen enormen Aufwand an Organisation und Koordination; eine sehr zeitintensive und nicht immer einfache Gottesdienstplanung, vor allem im Blick auf Feiertage, doch auch angesichts vieler Sondertermine, die immer wieder zu berücksichtigen sind. Manche Aufgaben lassen sich bündeln und die Erfahrung lässt manches optimieren; doch vieles gilt es sechsfach im Blick zu behalten, und viele Termine und Aufgaben kommen aus sechsfacher Richtung. Es gibt kaum normale, ruhige Phasen, immer stehen irgendwo zusätzlich zum Alltäglichen und Regelmäßigen Besonderheiten an. Dies hat natürlich auch damit zu tun, dass wir offen bleiben wollen für örtliche Traditionen und für die Belange vor Ort. (...).
Mit Beginn der SE habe ich auch einschneidend gemerkt, dass die Zeit für Kinder und Jugendliche und die inhaltliche Arbeit mit ihnen leider nur noch überaus begrenzt zur Verfügung steht. Es ist insgesamt nicht einfach, über die Alltagsaufgaben hinaus noch Zeit zu finden für wichtige neue Projekte und für aktuelle Herausforderungen (zum Beispiel Katechese; Integration Neuzugezogener, Ökumene, Flüchtlingsarbeit, Öffentlichkeitsarbeit/Homepage), zumal Ehrenamtliche ebenfalls oft an ihren Grenzen sind und es gilt, auch diese vor Überforderung zu bewahren. Deshalb wäre es für alle Seiten wichtig, wenn die Bereitschaft in den Gemeinden, Kirchengemeinde in ihren verschiedenen Facetten ehrenamtlich mitzugestalten und mit Leben zu füllen, wieder wachsen würde.
Was Gott fragen würde
Ich denke mir manchmal: „Der liebe Gott fragt einmal nicht, ob man zum Pfarrer nett war, sondern eher: Wie seid ihr miteinander umgegangen? Und er fragt einmal nicht: Hat der Pfarrer eine schöne Feier gestaltet? Sondern eher: Was hast du aus deiner Taufe gemacht? Wie hast du deine Firmung gelebt? Was haben die Menschen deiner Umgebung von deinem Christsein gehabt?“
Da ich immer für eine differenzierte Betrachtungsweise bin, fallen mir zugleich natürlich auch erfreuliche Entwicklungen ein: Es ist unter den sechs Gemeinden ein sehr gutes Miteinander gewachsen. Kein Gerangel um die besten Gottesdienstzeiten; gegenseitige Unterstützung. Gutes eigenständiges Arbeiten und Zusammenarbeiten in den KGR-Gremien und den anderen Bereichen. Gemeinsames Gottesdienstfeiern stärkt und verbindet; Was in der einen Gemeinde an Angebot da ist, kann von den anderen Gemeinden mit genutzt werden und kommt allen zugute. Dank der Seelsorgeeinheit haben wir ein Pastoralteam (derzeit Pfarrer, Gemeindereferentin, Mitarbeit von Claretiner-Patres), wodurch verschiedene Begabungen ins Spiel kommen.
Insgesamt sind wir als Pastoralteam überaus dankbar für die sehr gute Zusammenarbeit mit unseren Ehrenamtlichen. Wir als Hauptamtliche erleben viel Verständnis für die Realität mit ihren begrenzten Möglichkeiten. Wenn einem manchmal sogar ans Herz gelegt wird, es sich doch einfacher zu machen, geht mir zugleich durch den Kopf: „Welchem Arzt empfiehlt man, sich weniger anzustrengen? Welchem Koch empfiehlt man, statt Selbstgekochtem doch etwas aus der Dose zu holen? Welchem Friseur empfiehlt man, es nicht so genau zu nehmen?“Lassen wir einander die Leidenschaft, die Gott in einem geweckt hat.