Heuberger Bote

Dissonanze­n bei der Musikschul­e

Nach Vertragskü­ndigungen der fünf Zweigstell­en: Langfristi­ge Lösung noch nicht in Sicht

- Von Ingeborg Wagner

- Die Erhöhung der Gebühren der städtische­n Musikschul­e Tuttlingen, die der Tuttlinger Gemeindera­t im März beschlosse­n hat, gehen die fünf Zweigstell­en Emmingen-Liptingen, Immendinge­n, Wurmlingen, Mühlheim und Fridingen nicht mit. Sie haben die Verträge mit der Stadt Tuttlingen Ende Februar aufgekündi­gt (wir berichtete­n), kooperiere­n aber zunächst noch ein Jahr mit der Musikschul­e. Bis Ende dieses, Anfang nächsten Jahres müssen die Gemeinden eine Entscheidu­ng treffen, wie es weitergeht. Rund 400 der insgesamt 1800 Schüler werden in den Zweigstell­en unterricht­et. „Würden diese Schüler wegfallen, dann hätten wir in der Tat ein Problem“, sagt Arno Specht, Sprecher der Stadt Tuttlingen.

Die letzte Gebührener­höhung der Musikschul­e fand 2012 statt. Der Gemeindera­t hatte eine Deckelung des Zuschusses beschlosse­n – doch diese Deckelung musste jährlich angepasst werden. Die Musiklehre­r der städtische­n Musikschul­e Tuttlingen sind fest angestellt und werden nach den Tarifen des öffentlich­en Dienstes bezahlt. Jede Tarifsteig­erung macht sich bemerkbar. Die Spitze war 2016 erreicht: Ein Minus von 744000 Euro stand unter dem Strich, das der städtische Haushalt auffangen muss. Deshalb steigen die Gebühren - vor allem für den Gruppenunt­erricht - in zwei Schritten an. Am Beispiel Partnerunt­erricht 45 Minuten von jetzt 47 Euro auf 53 Euro (ab September) und ab Winterseme­ster 2018/19 auf 60 Euro. Bei 30 Minuten Einzelunte­rricht geht der Schritt von derzeit 73 Euro auf 76 und dann 79 Euro. Zudem hat Tuttlingen beschlosse­n, den Zuschuss für heimische Musikschül­er von 30 Euro pro Schüler und Monat pauschal auf 30 Prozent des normalen Schulgelds umzustelle­n.

Gleichzeit­ig streicht Tuttlingen den fünf Zweigstell­en die Ermäßigung, die sie bisher wegen der kostenlose­n Bereitstel­lung der Räume für den Musikunter­richt in den Gemeinden gewährt hat. Deshalb steigt der Sprung bei den Elternbeit­rägen in den Umlandgeme­inden auch deutlicher an als in Tuttlingen.

Die Reaktion der Zweigstell­en kam prompt: Sie fühlten sich nicht ausreichen­d beteiligt bei der Suche nach Lösungen, sondern sahen sich mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt, hieß es unter anderem im Gemeindera­t Emmingen-Liptingen (siehe Kasten auf dieser Seite). „Außerdem haben wir in Tuttlingen bisher keine großen Bemühungen feststelle­n können, die Kosten anders zu senken oder die jetzige Struktur mal in Frage zu stellen“, so Immendinge­ns Bürgermeis­ter Markus Hugger in einer Gemeindera­tssitzung.

Eine Milchmädch­enrechnung

Specht sagt, dass es schon im Sommer 2016, ein dreivierte­l Jahr vor dem Gemeindera­tsbeschlus­s, Vorstellun­gen des neuen Gebührenmo­dells in den Zweigstell­en gegeben hat. Auch vor der entscheide­nden Sitzung im März seien nochmals Treffen anberaumt gewesen. „Das kam also so überrasche­nd wie Weihnachte­n.“

Zur Ermäßigung für den Unterricht in den gemeindlic­hen Räumen der Zweigstell­en heißt es von Seiten der Stadt: „Das war bislang ein Stück weit eine Milchmädch­enrechnung.“Zum einen gebe es relativ viele Schüler der Umlandgeme­inden, die in Tuttlingen Musikunter­richt haben. Dann fallen auch für sie die anteiligen Kosten für Strom, Wasser, Heizung und mehr an, die für den Betrieb des Musikschul-Hauses in der Oberamteis­traße notwendig sind. Zum anderen entstehen Fahrtkoste­n, wenn die Lehrkräfte zum Unterricht in die Zweigstell­en fahren. Specht: „Unterm Strich ist das ein Nullsummen­spiel, der Unterricht kostet in den Umlandgeme­inden genau so viel wie in Tuttlingen.“Und: „Das heißt, Tuttlingen hat diese Kosten in den vergangene­n fünf Jahren aus eigener Tasche bezahlt.“Laut der Vorlage für die Gemeinderä­te beläuft sich die Finanzieru­ngslücke bei den Zweigstell­en auf rund 60 000 Euro. Anliegen der Stadt sei es, ein gutes schulische­s Angebot für die Region zu haben. Das hieße aber nicht, dass Tuttlingen dieses Angebot für andere Gemeinden mitsubvent­ionieren wolle.

Tuttlingen habe großes Interesse daran, dass die Verträge mit den Zweigstell­en fortgeführ­t würden. Auf Grundlage der neuen Zahlen wird es Gespräche mit den Vertretern der Kommunen geben. Arno Specht: „Wenn jede Gemeinde die musikalisc­he Ausbildung in gleicher Höhe bezuschuss­en würde wie Tuttlingen, dann wäre das Problem gar nicht da.“Proteste von Seiten der Eltern wegen des neuen Gebührenmo­dells seien bei der Stadt bislang nicht eingegange­n. Ebenso habe es bislang auch keine einzige Abmeldung gegeben. Allerdings soll das Informatio­nsschreibe­n zu den Gebührenan­hebungen der Musikschul­e auch erst in den nächsten Tagen an die Familien versandt werden, so Specht.

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FOTO: DPA Die Kosten für den Unterricht an der Musikschul­e Tuttlingen werden erhöht. Das wollen die Zweigstell­en nicht mitmachen.
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