Platznot im Frauengefängnis
In Schwäbisch Gmünd ist die Zahl der Insassinnen um 40 Prozent gestiegen
- Im Frauengefängnis in Schwäbisch Gmünd sitzen fast 40 Prozent mehr Frauen ein als zu Beginn des Jahres. Das bestätigte das Justizministerium auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Einen Grund für den sprunghaften Anstieg kann weder das Ministerium noch die Anstaltsleiterin Sibylle von Schneider nennen. Für die Frauen in der Haftanstalt bedeutet das: zusammenrücken. Manche haben noch kein Bett und müssen auf einer Matratze auf dem Boden schlafen.
In den Gefängnissen in BadenWürttemberg herrscht generell Platzmangel. Vor allem für männliche Gefangene hat sich die Situation seit 2015 zugespitzt. Das Justizministerium reagierte und schaffte für Männer dort Platz, wo eigentlich weibliche Gefangene untergebracht sind. Die Frauen-Abteilung im Gefängnis in Hinzistobel bei Ravensburg mit 21 Plätzen wurde dafür geschlossen. Die Gefangenen von dort wurden am Monatsanfang ins Frauengefängnis nach Schwäbisch Gmünd gebracht.
Es fehlen Betten
Auch die Abteilung in Mannheim mit 17 Plätzen wurde geräumt, bereits vergangenen November, und die Frauen nach Schwäbisch Gmünd verlegt – eigentlich befristet bis Ende Januar. Da die Überbelegung bei den Männern anhaltend hoch ist, bleiben die Frauen nun auf unabsehbare Zeit in Schwäbisch Gmünd.
„Es ist natürlich belastend“, sagt Anstaltsleiterin von Schneider. Denn in Schwäbisch Gmünd sind 362 Frauen untergebracht – ziemlich genau 100 mehr als noch zu Jahresbeginn und 20 mehr, als Plätze zur Verfügung stünden. Weder von Schneider noch das Justizministerium können
erklären, wie es zu diesem starken Anstieg in so kurzer Zeit kam. Auf die Verlegung der Frauen aus Ravensburg führen sie es nicht zurück. „Es ist ein relativ durchgängiger Anstieg in allen Bereichen“, erklärt von Schneider – also Straf- wie Untersuchungsgefangene gleichermaßen.
„Wir können kein Schild an die Tür hängen: ,Wegen Überfüllung geschlossen‘. Wir müssen mit dem Unvorhergesehenen umgehen“, sagt von Schneider. Dennoch sei die Situation schwierig. Sieben Frauen müssen wohl bis Juli mit Matratzen auf dem Boden vorlieb nehmen, weil
es Lieferengpässe bei bestellten Betten gebe, so ein Ministeriumssprecher.
Zur Belegung der Zimmer sagt die Anstaltsleiterin: „Im Moment haben wir nicht alle einzelhaftfähigen Frauen auch in Einzelhaft untergebracht. Das bringt große Probleme mit sich, weil das eine Frage der Rücksichtnahme ist.“Und gerade an dieser Tugend mangele es weiten Teilen ihrer Insassen. „Der Anteil psychisch auffälliger Gefangener ist in den vergangenen Jahren ganz deutlich angestiegen.“Wenn dann noch drückende Hitze dazukomme, verschärfe sich das Problem. „Da sind die Menschen leichter erregt.“Das bedeute sowohl für Inhaftierte als auch für Mitarbeiter psychischen Stress. „Es belastet die Abteilungsbeamten zusätzlich, wenn die Frauen nicht zusammenpassen. Das bringt dann zum Teil tägliche Umbelegungen mit sich“, beschreibt von Schneider die Lage.
Keine Besserung in Sicht
Sie selbst sei täglich viel in den verschiedenen Häusern der Anstalt unterwegs, „damit sich die Mitarbeiter bei mir ausweinen können“, berichtet von Schneider. „Aber an der Situation ändern kann ich auch nichts.“Unterstützend wirkten zudem die drei Mitarbeiter des Psychologischen Diensts, die in Schwäbisch Gmünd tätig sind.
Eine Aussicht auf Besserung sieht sie nicht. „Man nimmt es, wie es kommt.“Auch der Ministeriumssprecher signalisiert keine Entlastung für Schwäbisch Gmünd: „Das Ministerium der Justiz und für Europa hat wiederholt darauf hingewiesen, dass der baden-württembergische Justizvollzug auf diesen Anstieg der Gefangenenzahlen weder baulich noch personell ausgerichtet war.“Mit einer Belegung von 106 Prozent sei der Zustand in Schwäbisch Gmünd bei Weitem nicht so dramatisch wie etwa für die Männer in Stuttgart-Stammheim, wo die Belegung bei 135 Prozent liege. Die JVA Ravensburg sei mit 111 Prozent ebenfalls stärker ausgelastet.
Zumindest bei den Mitarbeitern im Strafvollzug habe Minister Guido Wolf (CDU) im aktuellen Haushalt 67 neue Stellen für den Justizvollzug bekommen. Es fehlten aber 200 weitere. Wolf hoffe, im Doppelhaushalt für 2018/2019 weitere Stellen zu bekommen, so der Ministeriumssprecher. Die Etatberatungen laufen.