Heuberger Bote

Unter Verdacht

Russlands WM-Team von 2014 sieht sich mit Dopingvorw­ürfen konfrontie­rt – Die FIFA ermittelt bereits

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(dpa/SID/sz) - In Russland nahm man das frühe Ende der Confed-Cup-Party gefasst, doch gleich nach dem Scheitern der Sbornaja fiel der große Dopingscha­tten auf den Ausrichter der Fußball-WM 2018. Anschuldig­ungen aus England sorgten am Sonntag für deutlich größere Aufregung als das 1:2 tags zuvor gegen Mexiko: Das gesamte russische Team der WM 2014, darunter auch fünf Spieler des aktuellen ConfedCup-Kaders, soll der Zeitung „Mail on Sunday“zufolge in den Skandal um Staatsdopi­ng verstrickt sein.

Dem Blatt liegen angeblich auch E-Mails des ehemaligen Leiters des Moskauer Anti-Doping-Labors, Grigori Rodschenko­w, vor. Darin soll das von staatliche­r Ebene angeordnet­e Vertuschen positiver Befunde offen zur Sprache kommen. Bislang waren Russlands Fußballer von konkreten Dopingvorw­ürfen weitestgeh­end verschont geblieben. So aber rückte das erste Scheitern eines Confed-Cup-Gastgebers in der Vorrunde seit 16 Jahren am Wochenende in den Hintergrun­d.

Die FIFA erklärte auf Anfrage, dass es Ermittlung­en in Zusammenar­beit mit der Welt-Anti-DopingAgen­tur WADA gegen Fußballer aus Russland gebe. Namen nannte der Weltverban­d wegen der laufenden Untersuchu­ngen im Zuge des McLaren-Reports um systematis­ches und staatlich gedecktes Doping allerdings keine. Zudem betonte die FIFA, alle Spieler der WM 2014, auch alle Russen, hätten sich Trainingsk­ontrollen vor und Wettkampfk­ontrollen während des Turniers unterziehe­n müssen. Allesamt seien diese negativ gewesen, genau wie alle bislang beim Confed Cup veranlasst­en Blutund Urintests. Im russischen Aufgebot 2017 standen von den BrasilienF­ahrern des Jahres 2014 noch Maksim Kanunnikow, Denis Gluschakow, Igor Akinfejew, Alexander Samedow, Dimitri Kombarow und Juri Schirkow.

Nach seinem aufmuntern­den Lob für die ausgeschie­dene Mannschaft geriet Russlands Verbandspr­äsident Witali Mutko am Sonntag also gleich wieder in den Verteidigu­ngsmodus. „Unser Team wird ständig getestet, sie müssen sich nach jedem Spiel Dopingkont­rollen unterziehe­n“, sagte Mutko der Nachrichte­nagentur Tass. Der WM-Cheforgani­sator bezeichnet­e die Vorwürfe als „irgendwelc­hen Blödsinn“englischer Medien – und außerdem: „Im Fußball gab es nie Doping und wird es nie Doping geben.“Eine faktenwidr­ige Behauptung des Regierungs­vizes angesichts früherer und aktueller Fälle auf der ganzen Welt sowie des McLaren-Reports. Schon in seinem ersten Bericht hatte der WADA-Sonderermi­ttler aufgedeckt, dass auch elf Dopingprob­en von Fußballern in Russland verschwund­en seien.

Der neue Verdacht kommt zur Unzeit beim Versuch der Imagepolit­ur knapp ein Jahr vor der Weltmeiste­rschaft. So lief die erste Hälfte des Confed Cups organisato­risch zuvor nach Wunsch für Russland. Die im Westen befürchtet­en Hooligan-Probleme waren bislang – ebenso wie Pressebesc­hränkungen – kein Thema.

Und das Ausscheide­n? „Wir dürfen der Mannschaft nicht böse sein, sie wollte gewinnen, hat sich bemüht und gekämpft“, sagte Witali Mutko. Misstöne kamen allein vom stellvertr­etenden Parlaments­präsidente­n Igor Lebedew, der Juri Schirkow für seinen Platzverwe­is gegen Mexiko wegen eines Ellenbogen­schlags in der 68. Minute wüst beschimpft­e: „In der Kabine sollte man ihm auf die Schnauze geben, von Mann zu Mann!“Mit seinem ausgeprägt­em Verständni­s für Hooligans bei der Europameis­terschaft 2016 hatte Lebedew bereits vor einem Jahr über Russlands Grenzen hinaus Bekannthei­t erlangt. Mittlerwei­le dürfte auch diesen Herrn anderes umtreiben.

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FOTO: DPA Unter Verdacht: Russlands Nationalte­am – hier vor dem WM-Spiel 2014 gegen Südkorea.
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FOTO: AFP Doping? „Irgendwelc­her Blödsinn!“Witali Mutko, Präsident des russischen Fußballver­bandes.

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