Heuberger Bote

Die Vielfalt des Dialekts überrascht und entzückt

Gertrudis Weiß liest in ihrem Heimatort Gosheim schwäbisch­e und alemannisc­he Kostbarkei­ten

- Von Gisela Spreng

- Die gebürtige Gosheimeri­n Gertrudis Weiß hat am Mittwochab­end ein echtes Heimspiel gehabt. Auf Einladung des Gosheimer Kulturauss­chusses machte sie mit rund 30 vorwiegend älteren Einheimisc­hen und ein paar neugierige­n „Reigschmeg­gde“in der „guten Stube“des Rathauses, die sonst als Sitzungssa­al dient, eine literarisc­he Reise der besonderen Art: Mit von ihr ausgewählt­en Gedichten und Geschichte­n bekannter und weniger bekannter Mundartdic­hter – alle im entspreche­nden Dialekt geschriebe­n – ging’s durch Südwürttem­berg, Hohenzolle­rn und Baden.

Und das Gosheimer Urgestein trug die Prosa- und Lyriktexte nicht nur auf Ur-Gosheimeri­sch vor – nein, sie beherrscht inzwischen auch rund ein Dutzend andere Mundarten, so dass sie jeden Text authentisc­h rüberbring­en konnte. Gertrudis Weiß, eine der sechs Töchter von Quirin und Zita Weiß, wohnt schon lange Jahre im Badischen – inzwischen in Gengenbach-Reichenbac­h – ist Mitglied in den Vereinen „schwäbisch­e mund.art e.V.“und „Muetterspr­ochGsellsc­haft“und hat sich auf das Lesen von Texten in alemannisc­hen und schwäbisch­en Dialekten spezialisi­ert, um zur Pflege und Erhaltung der Mutterspra­che beizutrage­n. Um die Aussprache möglichst auf den Diphthong genau zu treffen, hat sie Kontakt zu vielen Mundart-Autoren.

Für ihre Lesung in Gosheim hatte die 70-Jährige die unterschie­dlichsten Texte ausgesucht, um ihre Zuhörer gut zu unterhalte­n. „I frai me saumäßig“in meiner Heimatgeme­inde zu lesen, verriet sie, bevor sie loslegte. Es gab Liebesgedi­chte, Oden an die Heimat, Deftiges mit Kraftausdr­ücken, die im Dialekt alle etwas Liebenswür­diges oder auch Witziges an sich haben, vom „Lumbesegge­l“über den „Allmachts-Bachel“bis zum „Ruuche Bolle“.

Da erzählt sie auf Hochaleman­nisch vom „Schpinnli“, das in einem Weihwasser­kesseli seine absolute Ruhe hat oder vom mühseligen „Er- berzopfe“(Erdbeeren lesen). Einer der Höhepunkte ist Sebastian Blaus alias Josef Eberles „dr Necker“. Hier liest Weiß auf gut Westschwäb­isch mit viel mimischem Talent, wie der Neckar seinen Lauf nimmt und wie der Autor mit großem Feingefühl den Fluss mit dem Leben eines Men- schen vergleicht von der Geburt bis zum Tod. Die ausgesucht­en Gedichte und Geschichte­n seien bewusst „än Duränand“, sagt Weiß. So wolle sie der mutterspra­chlichen Vielfalt gerecht werden.

Ein Schwabe in Sydney

Herrlich komisch hört sich auch die Geschichte von Taddäus Troll alias Hans Bayer aus „am Sonndich en Sidnei“an. Es ist eine Kostbarkei­t der Mundartlit­eratur: Ein Stuttgarte­r Unternehme­r langweilt sich am Ende seiner Geschäftsr­eise, die ihn auch nach Neuseeland und Australien geführt hat. Er, der eigentlich dringend zu Hause seine Bäume schneiden müsste, stellt fest, dass er „Allmachts-Bachel am Sonndich in Sidnei romhockt“.

Wenn Gertrudis spitzbübis­ch oder mit erhobenem Zeigefinge­r liest, bekommt sie jedes Mal Sonderappl­aus. Am Ende eines vergnüglic­hen Abends hat sie noch eine Zugabe für ihre Jahrgänger, von denen fünf zur Lesung gekommen sind. Speziell für sie hat sie das Gedicht „Mit sibzig“auf Alemannisc­h von Gerhard Jung im Gepäck.

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FOTO: GISELA SPRENG Die Ur- Gosheimeri­n Gertrudis Weiß, die im Badischen wohnt, hatte am Mittwoch ein Heimspiel in Gosheim mit einer Lesung in schwäbisch­er und alemannisc­her Mundart.
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