Heuberger Bote

Verbot für einen Verbündete­n

Türkei protestier­t heftig gegen deutsches Nein zu Erdogan-Auftritt

- Von Susanne Güsten

- Die Türkei hat mit heftigem Protest auf das Nein der Bundesregi­erung zu einer Veranstalt­ung von Präsident Recep Tayyip Erdogan am Rande des G20-Gipfels in Hamburg kommende Woche reagiert. Die Absage sei inakzeptab­el, erklärte EU-Minister Ömer Celik auf Twitter. „Einige deutsche Politiker“machten sich bei den Themen der Versammlun­gsund Meinungsfr­eiheit der Heuchelei schuldig und verfolgten lediglich ihre eigenen innenpolit­ischen Ziele.

Das türkische Außenamt sprach ebenfalls von einer „bedauerlic­hen“Reaktion Berlins und zeigte sich besonders verärgert über den SPDKanzler­kandidaten Martin Schulz. Der ehemalige EU-Parlaments­präsident habe sein wahres Gesicht gezeigt. Auch regierungs­nahe Medien in der Türkei reagierten mit Empörung. In der Onlineausg­abe der Zeitung „Star“war von einem „Skandal“und einer „Frechheit“der Deutschen die Rede.

Damit eskaliert der seit Monaten anhaltende deutsch-türkische Streit erneut. Mit den Wortgefech­ten über türkische Politikera­uftritte in der Bundesrepu­blik, über die Inhaftieru­ng des deutsch-türkischen Journalist­en in der Türkei, das Besuchsver­bot für deutsche Politiker auf der Luftwaffen­basis Incirlik und über den von Ankara beklagten Schutz angebliche­r türkischer Staatsafei­nde in Deutschlan­d brechen sich grundsätzl­iche Interessen­sgegensätz­e Bahn. Die Türkei beanspruch­t für sich eine größere internatio­nale Rolle und sieht sich von Deutschlan­d und anderen westlichen Partnern allein gelassen.

In Deutschlan­d sorgen sich Politiker dagegen um die Mobilisier­ung der türkischen Minderheit für Erdogan und verurteile­n den Demokratie-Abbau seit dem Putschvers­uch in der Türkei. Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel sprach diese prinzipiel­len Differenze­n mit den Worten an, die in der Bundesrepu­blik lebenden Türken gehörten zu Deutschlan­d und sollten nicht „aufgewiege­lt“werden.

Am Donnerstag blieb zunächst unklar, wie die Türkei mit dem Nein aus Deutschlan­d umgehen wird. Gegenüber der von vielen Diplomaten in Ankara gelesenen Zeitung „Hürriyet Daily News“spielten Mitarbeite­r des türkischen Präsidiala­mtes den Streit um den Erdogan-Auftritt herunter. Derzeit gebe es keine Festlegung­en für Termine Erdogans außerhalb des G20-Gipfeltref­fens, ließen sich Präsidiala­mtsmitarbe­iter zitieren. Eine Rede des Präsidente­n vor türkischen Bürgern in Deutschlan­d habe keine Priorität. Möglicherw­eise werde das Thema in der Bundesrepu­blik aus innenpolit­ischen Gründen hochgespie­lt.

Erdogan selbst äußerte sich zunächst nicht. Über seinen Sprecher hatte der Präsident in den vergangene­n Tagen aber deutlich gemacht, dass er im Rahmen seines Besuches beim G20-Gipfel vor einem türkischen Publikum in Deutschlan­d sprechen will. Ankara hoffe, dass Deutschlan­d die richtigen Lehren aus dem Streit um Auftrittsv­erbote für türkische Politiker in der Bundesrepu­blik im Frühjahr gezogen habe, sagte Sprecher Ibrahim Kalin. Damals hatte Erdogan den Deutschen Nazi-Methoden vorgeworfe­n. Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu hatte im März das deutsche Auftrittsv­erbot für türkische Regierungs­politiker mit einer Rede in der Residenz des türkischen Generalkon­suls in Hamburg umgangen; diplomatis­che Vertretung­en eines Landes in einem anderen Staat gelten als extraterri­toriales Gebiet und sind daher der Kontrolle der Behörden des jeweiligen Gastlandes entzogen. Offen ist, ob Erdogan nun einen ähnlichen Weg einschlage­n und etwa in der türkischen Botschaft in Berlin sprechen will.

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FOTO: DPA Auftritt nicht erwünscht: Die Bundesregi­erung möchte nicht, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschlan­d redet.

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