Familiennachzug bei Flüchtlingen nicht steuerbar
Ein Viertel der Hartz-IV-Empfänger im Landkreis Tuttlingen sind Asylbewerber – Druck auf dem Wohnungsmarkt
- Zwischen 20 und 30 Flüchtlinge werden derzeit pro Monat dem Landkreis Tuttlingen zugewiesen. Das betonte Sozialdezernent Bernd Mager in der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit am Mittwoch. Die Verteilung der Asylbewerber in die Anschlussunterbringung sei eine ambitionierte Aufgabe, schließlich sollen sie auf alle Kommunen im Landkreis gerecht verteilt werden.
„Die Aufgaben werden nicht weniger, aber sie verlagern sich in Richtung Integration“, sagte Mager. Er betonte, dass der Landkreis derzeit gut aufgestellt sei. Das sei möglich, weil Plätze in der Gemeinschaftsunterbringung zu Unterkünften in der Anschlussunterbringung für anerkannte Flüchtlinge oder Asylbewerber, die sich bereits länger als zwei Jahre in Deutschland befinden, umfunktioniert werden (wir berichteten am Mittwoch)
Integrationsmanagement beim Landratsamt
Überrascht zeigte sich Landrat Stefan Bär, dass zwei Drittel der Kommunen im Landkreis Tuttlingen einer Umfrage zufolge das Integrationsmanagement für die Asylbewerber gerne am Landratsamt angesiedelt sehen würden. „Dafür müssen wir Personal reaktivieren. Das ist nicht einfach, da die Stellen befristet sind“, sagte er.
Auf Nachfrage von Hans Trümper (CDU) berichtete Mager, dass ein Viertel der Hartz-IV-Empfänger Flüchtlinge – bei 74 Nationalitäten – seien. „Das liegt auch daran, weil sie sich in Sprachkursen befinden“, sagte er. Derzeit seien 80 Asylbewerber in Qualifizierungsmaßnahmen, also dabei sich für den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Die Arbeit im Jobcenter sei durch die Flüchtlinge laut Bär mehr geworden: „Die zusätzliche Belastung ist klar. Das haben wir personell berücksichtigt.“
Thomas Leibinger (FWV) regte an, die Flüchtlinge morgens in der deutschen Sprache zu unterrichten, sie aber am Nachmittag in eine berufliche Tätigkeit zu bringen, um sie so besser auf den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Willy Walter (FDP) sprach dagegen von einem großen Druck auf den Wohnungsmarkt und einer ungleichen Verteilung im Landkreis. So sei die Stadt Trossingen im Vergleich zu Tuttlingen mehr belastet. Dem entgegnete Bär, dass man die Situation ganzheitlich sehen müsse. So seien etwa für Tuttlingen die unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber, die UMA, nicht in der Statistik berücksichtigt.
Der Landrat betonte aber, dass der Familiennachzug bei den Flüchtlingen durchaus ein Problem darstelle: „Das bekommen wir vielfach gar nicht mit.“Hierdurch wachse der Druck auf den Wohnungsmarkt. Doch: „Wenn sich ein Flüchtling aus einer Heuberg-Gemeinde in der Stadt eine Wohnung sucht, dann ist das der erste Schritt der Integration.“
Asylbewerberunterkunft auf dem Witthoh ist bald dicht
Dieter Müller (SPD) wünschte sich derweil, dass die Asylbewerberunterkunft auf dem Witthoh, deren Mietvertrag zu Ende Juli gekündigt worden ist und in der sich derzeit noch 38 Flüchtlinge befinden, auch bei einer erneuten Zunahme des Flüchtlingszustroms in den Landkreis nicht wieder aktiviert wird. „Der Vertrag ist gekündigt. Die Tür ist zu“, betonte Bär.