Heuberger Bote

Feministin

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„Ich glaube, dass ich an den Holocaust denken werde, wenn ich sterbe“, sagte Simone Veil im Jahr 2009 voraus. Ihr Leben lang behielt die Frau die Nummer 78651 auf dem Arm, die ihr mit 16 Jahren in Auschwitz tätowiert wurde. Geboren als Simone Jacob, überlebte sie das Grauen zusammen mit ihren Schwestern – der Rest ihrer jüdischen Familie kam ums Leben. Unvergesse­n ist ihr Auftritt vor dem Bundestag 2004 zum Holocaust-Gedenktag. Am Freitag ist die Politikeri­n im Alter von 89 Jahren gestorben.

Ein Leben lang setzte sich Simone Veil für die deutschfra­nzösische Aussöhnung ein. Ihr Engagement begann im Jahr 1950, als sie mit ihrer Familie nach Wiesbaden zog, wo sie im Konsulat arbeitete. Zuvor hatte sie an der renommiert­en PolitikHoc­hschule Sciences Po studiert und ihren Mann Antoine Veil geheiratet. Nach ihrer Rückkehr aus Deutschlan­d wurde Simone Veil Juristin, Generalsek­retärin der Anwaltskam­mer und 1974 dann Gesundheit­sministeri­n. Der konservati­ve Premiermin­ister Jacques Chirac war auf die eigenwilli­ge Frau aufmerksam geworden. Es folgte ein Kampf für das Recht auf Abtreibung, der in der Geschichte der französisc­hen Nationalve­rsammlung legendär geblieben ist. Die Politikeri­n, Mutter von drei Söhnen, warb 25 Stunden lang vor den fast durchweg männlichen Abgeordnet­en für das Gesetz, das noch heute nach ihr benannt ist. Die Entschloss­enheit, mit der sie für die Sache der Frauen kämpfte, machte Veil in jener Zeit zur beliebtest­en Französin.

Präsident Valéry Giscard d’Estaing setzte sie als Präsidenti­n des erstmals direkt gewählten Europaparl­aments durch. Auf die nationale Bühne kehrte Veil 1993 für zwei Jahre als Sozialmini­sterin zurück. Doch seit dem Tod ihres Mannes vor vier Jahren lebte die Ikone der Franzosen, die 2008 in die Académie Française aufgenomme­n wurde, zurückgezo­gen. Christine Longin

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FOTO: AFP Setzte sich für die deutschfra­nzösische Aussöhnung ein: die Holocaust-Überlebend­e Simone Veil.

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