Die schönste Zeit des Jahres
eute zeigt man Urlaubsfotos ja nicht mehr mit dem DiaProjektor, sondern als Bilderschau im Fernsehen. Wanderurlaub auf Mallorca, ein Segeltörn in der Ägäis, Seele baumeln lassen an der Ostsee – lauter schöne Fotos mit lauter gut gelaunten Menschen.
Was man nie sieht, sind die nicht ganz so schönen Seiten der schönsten Zeit des Jahres. Die sehr unruhige Nacht nach dem Verzehr des Meersfrüchtetellers in der griechischen Taverne. Die Bettwanzen und der fiese Ausschlag am ganzen Körper nach dem Aufenthalt bei der steinalten irischen Lady, die ihr Cottage vermietet. Der ungläubige Ausdruck im Gesicht der Kinder, als man nach langer Autofahrt endlich in dem kleinen, toskanischen Dorf ankommt und sie fragen: „Und wo ist jetzt das Meer?“Die Quallenplage an der Ostsee und die fürchterlichen Schmerzen nach der Begegnung mit den Nesselzellen. Die nächtelang feiernden Dänen in der Ferienshaussiedlung am Meer. Die permanent bellenden Köter in der Appartmentanlage in Südfrankreich. Der Blitzeinschlag in der gemütlichen Kneipe in Kärnten und der stundenlange Stromausfall. Malta, als der Koffer erst zwei Tage nach einem ankam, 40 Grad herrschten und die Geschäfte wegen eines Feiertags auch am Montag geschlossen waren.
Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Wenn man Bekannte fragt, wie’s im Urlaub war, lautet das erste Wort meistens „schön“. Es lohnt sich, nachzubohren. Der überwiegende Teil erlebt ähnliche stark einschränkende Vorkommnisse. Was für ein Glück! (iw)