Heuberger Bote

Ein Controllin­g für Gesetze

Normenkont­rollrat soll vor allem Bürokratie eindämmen

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- Was kostet eigentlich ein Gesetz? Dieser Frage soll in Baden-Württember­g künftig ein Normenkont­rollrat (NKR) nachgehen. Die Landesregi­erung will das neue Gremium am Dienstag beschließe­n. Kara Ballarin gibt einen Überblick über seine Aufgaben und den Nutzen für die Bürger:

Was soll der Normenkont­rollrat tun?

Neudeutsch ließe sich sagen: Der NKR übernimmt das Controllin­g für Gesetze. Hauptauftr­ag des Gremiums ist es, Bürokratie einzudämme­n. Wenn etwa ein Ministeriu­m ein Gesetz erarbeitet, muss es zugleich dessen Nutzen erläutern und aufschlüss­eln, welche Kosten dadurch für Betriebe, für die Verwaltung und für die Bürger entstehen. Zugleich muss es vorschlage­n, welche Regelung stattdesse­n abgeschaff­t werden kann. Der NKR prüft die Angaben, gibt dann eine Stellungna­hme ab und schlägt gegebenenf­alls Alternativ­en vor.

Wie soll das Gremium besetzt sein?

Der NKR ist politisch unabhängig und soll aus sechs ehrenamtli­chen Mitglieder­n bestehen. Vorsitzend­e soll Gisela Meister-Scheufelen (CDU) werden, die bereits als Staatssekr­etärin und Amtschefin tätig und zuletzt Kanzlerin der Dualen Hochschule war. Das Vorschlags­recht hatte die CDU. Die anderen Posten sind offen. Staatsmini­ster Klaus-Peter Murawski (Grüne), der als Motor des NKR gilt, soll als Brücke zur Regierung einen Sitz ohne Stimmrecht haben.

Gibt es Vorbilder?

Ja. Seit 2006 gibt es einen nationalen NKR, der sich mit den Bundesgese­tzen befasst (siehe Kasten). Anfang 2016 hat sich Sachsen ein solches Gremium für Landesgese­tze gegeben. Dem zehnköpfig­en Rat auf nationaler Ebene gehört auch Conny MayerBonde an, die an der Dualen Hochschule in Ravensburg lehrt. „Der NKR hat meine Perspektiv­e erweitert“, sagt die ehemalige CDU-Bundestags­abgeordnet­e. „Er hilft mit, Transparen­z zu schaffen. Es geht nicht um die Frage, ob ein Gesetz politisch sinnvoll ist, sondern um die finanziell­en Auswirkung­en“– und zwar um die Folgekoste­n für die Wirtschaft, die Verwaltung und für die Bürger.

Ein Beispiel bitte!

Im Januar hat der nationale NKR eine Stellungna­hme zu einem Gesetz für die Versicheru­ngswirtsch­aft abgegeben. Makler sollen sich künftig weiterbild­en müssen. „Das löst Kosten in der Versicheru­ngsbranche aus“, sagt Conny Mayer-Bonde. Im Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung war als Kosten die Zahl der Makler (rund 520 000) mit deren Stundensat­z (etwa 40 Euro) und der Zahl der Pflichtstu­nden pro Jahr (15) berechnet worden – ergibt 312 Millionen Euro. „Wir haben angeregt zu prüfen, wo die Fortbildun­gen stattfinde­n“, sagt Mayer-Bonde. „Wenn einer in Bad Wurzach arbeitet, macht es schon einen Unterschie­d, ob die Fortbildun­g in Ravensburg oder in Stuttgart ist.“

Hat der baden-württember­gische NKR dieselben Aufgaben wie der nationale?

Sein Auftrag geht über den des nationalen Rats hinaus. Der NKR soll nämlich auch die ökologisch­en und sozialen Folgen prüfen. Das war den Grünen ein Anliegen. „Ich wünsche mir einen Nachhaltig­keitscheck“, sagt Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz. Dieser Punkt war strittig zwischen Grünen und der CDU – und ist ein Grund dafür, warum der Rat später als geplant kommt. „Wir wollen eine Bürokratie­abbaubewer­tung“, betont CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart. „Unser Wunsch war, das Gremium nicht schon am Anfang mit politische­n Forderunge­n zu überlasten.“Ähnlich sieht das der Verwatungs­wissenscha­ftler Wolfgang Seibel von der Universitä­t Konstanz. Er spricht von einer Art „Wunschkata­log“und sagt: „Der sogenannte Nachhaltig­keitscheck sieht so aus, als würde man den Prüfauftra­g durch eine Überfracht­ung wirkungslo­s machen.“

Wie geht es weiter?

Am Dienstag wird der NKR von der Landesregi­erung per Ministerra­tsbeschlus­s ins Leben gerufen und nicht – wie etwa beim nationalen NKR – per Gesetz, das vom Parlament verabschie­det wurde. Der Nachhaltig­keitscheck wird nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“in der Kabinettsv­orlage enthalten sein. Nach zwei Jahren soll die Arbeit des NKR evaluiert werden.

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FOTO: DPA Gisela Meister-Scheufelen (CDU) soll Vorsitzend­e des Normenkont­rollrats werden.

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