Hartz IV: Landkreis sanktioniert härter
Bei Anzahl und Höhe liegt die Region Tuttlingen über dem bundesweiten Durchschnitt
- In den vergangenen zehn Jahren sind beim Arbeitslosengeld 1,9 Milliarden Euro an Hartz-IVBezieher nicht ausbezahlt worden. Das hat die Bundesregierung auf Anfrage von Sabine Zimmermann (Die Linke) mitgeteilt. Der Landkreis Tuttlingen lag im vergangenen Jahr mit seinen Sanktionen über dem deutschen Durchschnitt.
Zahlen, wie viel finanzielle Leistungen seit 2007 den Hartz IV-Empfängern im Landkreis verweigert worden sind, gibt es nicht. „Die Daten für 2007 sind nur bundesweit verfügbar, aber nicht für die Länder und Landkreise“, sagt Bernd Mager, Dezernent für Arbeit und Soziales beim Landkreis.
Für den Zeitraum von März 2016 bis Februar 2017 blieben durch 311 Sanktionen an 233 Personen rund 161 000 Euro in der Staatskasse. Diese Zahl habe sich in den vergangenen Jahren auf einem ähnlichen Niveau bewegt, teilt Mager mit. Die Dauer der Sanktionen waren in der Regel auf drei Monate angesetzt. Bundesweit wurden gegen 134000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte – das bedeutet einen Anstieg von 11000 Personen gegenüber 2007 – mindestens einmal Strafmaßnahmen verhängt, schreibt die „Zeit“.
Wenn die Werte aller Leistungsbezieher im Landkreis zu Grund gelegt würden, wären innerhalb von zwölf Monaten bei den 311 Sanktionen 161 073 Euro von der Kreisverwaltung einbehalten worden. Von „eingespart“, so Mager, könne aber nicht gesprochen werden. „Der Landkreis spart nicht, sondern der Bund. Die Regelleistungen wie Hartz IV werden zu 100 Prozent vom Bund finanziert“, sagte Mager.
Bei der Sanktionsquote liegt der Landkreis Tuttlingen sogar über dem bundesweiten Durchschnitt. In der Region wurden an 3,5 Prozent der Empfänger (Deutschland: 3,1 Prozent) wegen Verstößen keine Leistung ausbezahlt. Die Kürzungshöhe betrug dabei 28,3 Prozent – das waren 172,64 Euro. Auf Bundesebene lag die Höhe der Sanktion nur bei 108 Euro. Bei Jugendlichen könne die Unterstützung sogar auf null heruntergefahren werden, meint Mager. „Die Unterbringung wird aber gewährleistet. Wohnung und Heizung werden bezahlt, damit Obdachlosigkeit vermieden wird“, sagte Mager. Gegen Familien mit Kindern wären die Sanktionsmöglichkeiten – verständlicherweise – begrenzt.
Dass Linken-Politikerin Zimmermann das Vorgehen kritisierte (“Grundrechte kürzt man nicht“), kann Mager nicht nachvollziehen. Bei Hartz IV gebe es den Grundsatz Fördern und Fordern. Sanktionen können gegen Leistungsbezieher ausgesprochen werden, wenn diese gegen Verhaltens-, Melde- und Mitwirkungspflichten verstoßen. Dazu gehören unter anderem, wenn eine zumutbare Arbeitsstelle nicht angenommen, zusätzliche Einkommensquellen verschwiegen oder an Fortbildungen nicht teilgenommen wird.
„Die Hilfsempfänger werden durch die Steuerzahler alimentiert. Deshalb müssen wir mit Nachdruck schauen, dass eine Arbeit angenommen wird. Letztlich geht es nur über das Geld“, sagte Mager. Im Landkreis Tuttlingen gibt es 2000 Bedarfsgemeinschaften, die insgesamt 4500 Menschen umfasst.