Lehrlinge als Botschafter der Ausbildung
(pm) - „Rückblick, Gegenwart und Zukunft“– unter diesem Motto ist jetzt die Vollversammlung der Handwerkskammer Konstanz, die auch für den Landkreis Tuttlingen zuständig ist, im Konstanzer Inselhotel zusammengetreten. Es war die hundertste Sitzung seit 1954, als erstmals in seiner heutigen Form konstituierte – mit gewählten Vertretern von Arbeitnehmern wie Arbeitgebern.
„Das gilt es zu feiern, haben doch Handwerk und Handwerksorganisationen in diesen bewegten Jahren gezeigt, welche unglaubliche Stabilität und gleichzeitig Dynamik in ihnen stecken“, begrüßte Handwerkskammerpräsident Gotthard Reiner die Handwerksvertreter und zahlreiche Gäste aus Wirtschaft und Politik im historischen Festsaal.
Eigens aus Berlin angereist war Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Er betonte die Bedeutung der Selbstverwaltung: „Wir sind mit dem Ohr nah an den Anliegen und Wünschen der Handwerker, entscheiden nicht am grünen Tisch, sondern aus der Praxis für die Praxis. Das geht aber nur, wenn alle dabei sind und wir die Interessen aller vertreten können.“
Deutschland brauche Reformen, dürfe etwa die Renten nicht weiter aufblähen und den digitalen Wandel nicht verschlafen: „Mit einem einfachen ‚Weiter so‘ werden wir die Zukunft nicht gestalten“, so Wollseifers Botschaft an die Politik.
Mahnung in Richtung Brüssel
In Richtung Brüssel ging die Mahnung von Wollseifer, sich an das Prinzip der Subsidiarität zu halten und den Meisterbrief nicht anzutasten: „Deutschland weiß, was es am Meister hat. Wir sind die ständigen Angriffe auf unser Bildungssystem leid.“Bildung sei der Schlüsselbegriff für das Handwerk und der Garant für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Hierbei müsse man auch in Hinblick auf den Fachkräftemangel neue Wege gehen, etwa mit dem Berufsabitur, das derzeit erprobt werde, durch eine besser Ausstattung von Berufsschulen und Bildungshäusern des Handwerks oder durch die kostenfreie Meisterausbildung.
Bildung und Ausbildung standen auch im Fokus der Vollversammlung: Auf die zahlreichen Projekte zur Nachwuchswerbung und Sicherung der Ausbildungsqualität wies Reiner hin. Er appellierte an die Betriebe, Lehrlinge als Ausbildungsbotschafter freizustellen.
Mit dem Ausbildungsfinanzausgleich finanzieren die Betriebe der unterschiedlichen Gewerke die überbetriebliche Ausbildung mit. Erneut beschloss das Gremium eine Beitragssenkung in acht Berufsgruppen, etwa im Bäcker- und Konditorenhandwerk, bei den Malern und Lackierern und im Schreinerhandwerk. „Wir sind froh, dass wir die Umlagen deutlich senken können. Damit entlasten wir die Betriebe“, so Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz. Positiv wertete er, dass die handwerklichen Bildungsstätten verstärkt als wichtiger Ort der Berufsorientierung angenommen würden.
Der Nachmittag war den Zukunftsthemen des Handwerks gewidmet. Prof Jürgen Wagenmann, Leiter des Steinbeis Transfer Instituts Internationale Bildung, berichtete über die Blended-Learning-Aktivitäten der Handwerkskammer und ihrer Bildungsakademien. Derzeit werde die Lernplattform Ilias aufgebaut und mit Lehrmaterial befüllt. Ziel des Pilotprojekts sei es, den Meisterschülern neben dem Präsenzunterricht online vertiefende Informationen zur Verfügung zu stellen.
Fragen der Zukunft
Als Vertreterin des Wirtschaftsministeriums wies Staatssekretärin Katrin Schütz (CDU) auf weitere Zukunftsoffensiven des Landes hin. So würden etwa im Gemeinschaftsprojekt „Handwerk 2025“derzeit konkrete Maßnahmen zu den Themen Personal, Strategie und Digitalisierung erarbeitet.