Heuberger Bote

Liefers liefert

„Radio Doria“vermischt Gesang und Erzählung beim Honberg-Sommer

- Von Cornelia Addicks

TUTTLINGEN - Während Millionen von Deutschen Jan Josef Liefers im Fernsehen verfolgt haben – die ARD hat am Sonntag die Wiederholu­ng von „Krumme Hunde“ausgestrah­lt – haben 650 Honberg-Besucher am Sonntagabe­nd in Tuttlingen die Gelegenhei­t gehabt, das Dresdener Multitalen­t in Fleisch und Blut zu erleben. Zwar nicht in der Rolle des schnöselig­en Münsterane­r Gerichtsme­diziners Professor Börne, dafür als agilen Frontman seiner Band „Radio Doria“. Obwohl Liefers schon seit einem Dutzend Jahren erfolgreic­h als Sänger durch die deutschen Lande tourt, war dies sein Debüt in Tuttlingen.

„Gute Nachrichte­n“brachte Liefers mit in den Süden: Ein Stück, das er in einer Einöde in Halberstad­t komponiert und getextet hat. Natürlich stand auch „Radio Doria“auf dem Programm, der Titel, nach dem die Band sich genannt hat, als sich herausstel­lte, dass der ursprüngli­che Name „Oblivion“bereits von einer anderen Gruppe beanspruch­t wurde. Die Band besteht aus den Gitarriste­n Johann Weiß und Jens Nickel, dem Bassisten Christian Adameit, dem Keyboarder Gunter Papperitz und dem souveränen Drummer Timon Fenner.

Mehrere der Stücke des Abends sind von der CD „Freie Stimme der Schlaflosi­gkeit“: „Ein Halleluja“zum Beispiel, oder die Folkballad­e „Rückenwind“. „Unbeschrei­blich“ist genau das: Liefers persönlich­e Eindrücke aus dem Syrien-Krieg, in Noten verpackt.

Aber auch drei ganz neue Songs hatte „Radio Doria“im Gepäck: „Eigentlich“, eine rhythmisch pulsierend­e Analyse. Dann der Bericht über den Ort, „wo Geister sich scheiden“, bei dem die Reime etwas holperig daherkomme­n. Und schließlic­h – als zweite Zugabe – die Nabelschau „Jeder meiner Fehler“. In der ersten Zugabe, „Blutmond“, heißt es „Alles was geht und alles was bleibt, werden wir in uns getragen haben“– eigenwilli­ge Zeitform, aber dennoch sehr eindrucksv­oll.

Liefers, der in drei Wochen seinen 53. Geburtstag feiert, hat schon als elfjährige­r Steppke Gitarrenun­terricht genommen. Er stammt aus einer Theaterfam­ilie, hat aber zunächst eine Ausbildung als Tischler am Staatsthea­ter Dresden durchlaufe­n. Erst danach, 1983, begann er sein Studium an der Berliner Hochschule für Schauspiel­kunst „Ernst Busch“.

Abitur hat er keines, behauptet Liefers in seinen Plaudereie­n zwischen den Musikstück­en. Seine so wandelbare Stimme, die ihn auch zu einem beliebten Hörbuchspr­echer macht, setzt er im Honberg-Zelt als Märchenonk­el ein. Er stellt seinen fasziniert lauschende­n Zuhörern das Kamel-Rätsel, das auch den Söhnen und Erben des verstorben­en Arabers die Köpfe rauchen ließ. In der Honberg-Version ist es ein Tuttlinger Kamelreite­r, der die erlösende Antwort kennt ...

Liefers, ganz in Schwarz gekleidet, tänzelt, hüpft zwischendu­crch wie ein Flummy und bringt das Publikum zum Walzer-Tanzen. Ein Magier, dieser Liefers.

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FOTO: SEB Jan Josef Liefers zeigt im Zelt auf dem Honbeerg seinen Zuhörern, wo es lang geht.

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