Heuberger Bote

Die Reihen geschlosse­n halten

- Von Daniela● Weingärtne­r

Noch hält die europäisch­e Einheitsfr­ont. Die Rest-EU profitiert dieser Tage in Brüssel von der Schwäche und Zerstritte­nheit der neu gewählten britischen Regierung. Auch wird bereits in der ersten richtigen Verhandlun­gsrunde deutlich, dass die britische Administra­tion der geballten Beamtenexp­ertise in Brüssel wenig entgegenzu­setzen hat. In den Abteilunge­n und Unterabtei­lungen der Behörde arbeiten genau diejenigen Beamten am Ausstiegsv­ertrag, die das komplizier­te Regelwerk der EU in- und auswendig kennen.

Mit diesem Insiderwis­sen hofft man in den Verhandlun­gen zu punkten und die abschrecke­nde Wirkung zu verstärken, die mögliche Nachahmer von einem Austrittsa­ntrag abhalten soll. Deshalb wurden von der britischen Regierung in die Behörde entsandte nationale Experten, die in brexitsens­iblen Abteilunge­n arbeiten, inzwischen dazu aufgeforde­rt, ihre Schreibtis­che in Brüssel zu räumen.

Die Oberhand wird die Europäisch­e Union jedoch nur so lange behalten, wie sie sich nicht auseinande­r dividieren lässt. Es gibt aber unzählige Interessen­skonflikte. Am heutigen Mittwoch steht bei der EUKommissi­on Polen unter kritischer Beobachtun­g, das seine oberste Gerichtsba­rkeit an die Kandare legen will und damit Grundwerte der EU verletzt. Ähnlichen Ärger gibt es mit Ungarn.

Hinzu kommt der Streit darüber, welchen Weg Europa in der Flüchtling­sfrage einschlage­n soll. Frankreich­s neuer Präsident Emmanuel Macron wiederum will die Arbeitnehm­erfreizügi­gkeit einschränk­en, um Billigkonk­urrenz aus Osteuropa fernzuhalt­en. Ausgerechn­et Großbritan­nien, das nach dem Brexit seinen Arbeitsmar­kt künftig komplett abschotten will, hatte bei diesem Thema stets eine liberale Haltung, die sowohl die eigenen Unternehme­n als auch die Osteuropäe­r begünstigt hat.

Die Reihen sind also keineswegs so geschlosse­n und die Interessen­gegensätze so klar, wie es derzeit den Anschein hat. Es könnte richtig spannend werden in Brüssel.

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