Heuberger Bote

Kritik an Flüchtling­srettern

Innenminis­ter de Maizière warnt – Österreich will Strafen

- Von Rudolf Gruber und Agenturen

(epd/KNA) - Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) hat Kritik am Vorgehen von Nichtregie­rungsorgan­isationen (NGO) bei der Rettung von Flüchtling­en vor Italiens Küste geäußert. Die dortigen Behörden untersucht­en Vorwürfe gegen die Organisati­onen, wonach „Schiffe ihre Transponde­r regelwidri­g abstellen, nicht zu orten sind und so ihre Position verschleie­rn“, sagte de Maizière der Funke Mediengrup­pe. Zuvor hatte Österreich­s Innenminis­ter Wolfgang Sobotka in der „Bild“-Zeitung Strafen für „selbst ernannte Seenotrett­er“gefordert. Er warf einzelnen Organisati­onen vor, mit Schlepperb­anden zu kooperiere­n. Es dürfe niemand im Meer ertrinken, aber man müsse unterbinde­n, dass Flüchtling­e von Schleppern direkt übernommen würden.

Die NGOs – im Mittelmeer fahren derzeit um die zehn Organisati­onen Einsätze – wiesen die Vorwürfe umgehend zurück.

- Noch sind es drei Monate bis zur Kanzlerwah­l in Österreich, aber die Schließung des Brenners ist längst zum Thema geworden. Den jüngsten Vorstoß machte Innenminis­ter Wolfgang Sobotka von der konservati­ven ÖVP. In einem Interview mit der „Bild“-Zeitung drohte er am Dienstag erneut damit, die wichtigste Nord-Süd-Achse Europas dicht zu machen. „Binnen 24 Stunden können wir mit Soldaten die Grüne Grenze abriegeln und mit Zoll und Polizei scharfe Grenzkontr­ollen realisiere­n“, sagte Sobotka.

Dass derzeit die Lage am Brenner ruhig ist und keinerlei verschärft­e Maßnahmen erforderli­ch sind, erklärte der Tiroler Polizeiche­f Helmut Tomac jüngst in der österreich­ischen Tageszeitu­ng „Die Presse“. Sobotka, davon unbeeindru­ckt, verweist auf derzeit 85 000 Flüchtling­e aus Afrika und Nahost in italienisc­hen Aufnahmela­gern, und es würden täglich mehr: „Es ist absehbar, dass sich die Lage zuspitzt, dass das nicht gut geht.“

Auch Sebastian Kurz, Außenminis­ter und ÖVP-Kanzlerkan­didat, fordert beinahe täglich die „Schließung der Mittelmeer­route“und warnt Italien zugleich vor einem „Weiterwink­en von Flüchtling­en“Richtung Norden: „Österreich wird die Brennergre­nze schützen“, sagte Kurz in Richtung Rom. In Italien reagiert man bereits genervt auf die täglichen Alarmmeldu­ngen aus Österreich. Europa-Staatssekr­etär Sandro Gozi verwies auf ein Telefonat zwischen Kern und seinem römischen Amtskolleg­en Paolo Gentiloni vor wenigen Tagen, dabei sei „die Brennerfra­ge bereits gelöst“worden. Kern habe Gentiloni versichert, er sehe keine Anzeichen, wonach Italien die Lage an seiner Nordgrenze nicht unter Kontrolle habe.

Debatte um Rettungsei­nsätze

Sobotka bekräftigt­e zudem seine scharfe Kritik an privaten Seenotrett­ern im Mittelmeer. Einige Hilfsorgan­isationen würden direkt mit Schlepperb­anden vor der libyschen Küste kooperiere­n, sagte er der „Bild“-Zeitung weiter. Er wiederholt­e damit Vorwürfe, mit denen ein sizilianis­cher Staatsanwa­lt im Frühjahr die Debatte um Rettungsei­nsätze angeheizt hatte. Für die Anschuldig­ungen gibt es keine Beweise. Auch Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) übte Kritik. „Die Italiener untersuche­n Vorwürfe gegen NGOs: Zum Beispiel, dass Schiffe ihre Transponde­r regelwidri­g abstellen, nicht zu orten sind und so ihre Position verschleie­rn“, sagte er der Funke Mediengrup­pe. „Das löst kein Vertrauen aus.“

Der italienisc­he Innenminis­ter Marco Minniti habe ihm auch gesagt, dass es Schiffe gebe, die in libysche Gewässer führen und vor dem Strand einen Scheinwerf­er einschalte­ten, um den Schleppern ein Ziel vorzugeben. In der Frage, wie die Migration über das Mittelmeer in die EU eingedämmt werden kann, richtet sich der Blick immer wieder auf die privaten Retter.

Neben der italienisc­hen Küstenwach­e und Schiffen der EU-Grenzschut­zagentur Frontex helfen sie Menschen, die meist von Libyen aus auf Schlauch- oder Holzbooten die Flucht nach Europa wagen, und bringen sie nach Italien. Mehr als 93 300 waren es laut Internatio­naler Organisati­on für Migration bereits in diesem Jahr. „Es ist absehbar, dass sich die Lage zuspitzt, dass das nicht gut geht“, sagte Sobotka. Es sei wichtig, „dass selbst ernannte Seenotrett­er aus Europa nicht mehr bei den Schleusung­en helfen, nicht mehr mit den Banden kooperiere­n“. Sobotka forderte Strafen für die Helfer. Natürlich dürfe niemand im Mittelmeer ertrinken. „Wir müssen aber trotzdem unterbinde­n, dass sogenannte Helfer weiterhin mit ihren Booten in libysche Hoheitsgew­ässer eindringen und dort die Flüchtling­e von den Schleppern direkt übernehmen.“

Frontex hatte Anfang des Jahres festgestel­lt, dass Nichtregie­rungsorgan­isationen mit ihrem Engagement im Mittelmeer Schleppern in die Hände spielen, unterstell­te den Helfern dabei aber keine böse Absichten. Demnach helfen alle, die an Rettungen beteiligt sind, den Verbrecher­n unbeabsich­tigt, ihre Ziele mit minimalem Kostenaufw­and zu erreichen. Ende April sorgte die Äußerung des Staatsanwa­ltes aus Catania, Carmelo Zuccari, für Aufsehen, NGOs im Mittelmeer könnten von Schleppern finanziert sein. Belege dafür fehlen bislang. Ein parlamenta­rischer Ausschuss, der mehrere Hilfsorgan­isationen befragte, konnte die Vorwürfe auch nicht belegen.

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FOTO: ONG SOS MEDITERRAN­EE/ONG SOS MEDITERRAN­EE/DPA 93 300 Menschen sind dieses Jahr laut Internatio­naler Organisati­on für Migration über die Mittelmeer­route nach Italien gekommen.

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