Heuberger Bote

Spaziergan­g durch die Energie-Geschichte

Energiepar­cours der Solwegschu­le offiziell eröffnet - Viel Liebe zum Detail

- Von Larissa Schütz

- Trossingen ist um eine Attraktion reicher: Am Donnerstag ist der dauerhafte Energiepar­cours der Solwegschu­le offiziell am Solwegpark­platz eröffnet worden. Es war ein steiniger Weg für die Schüler, doch sie haben es geschafft: 45 Schilderst­ationen laden auf 2,5 Kilometern zur Zeitreise durch die Geschichte der Energieent­wicklung ein.

Einen im Wortsinn steinigen Weg - wenn es auch sehr kleine Steinchen sind - legt am Donnerstag­morgen zunächst eine rund 15-köpfige Gruppe zurück, die den Lehrpfad unter Führung von Stefan Gsellinger erkundet. Mit dabei unter anderem: Mehrere Gemeinderä­te und Adrienne Metzl, Klimaschut­zmanagerin des Landkreise­s, die den Schülern später sagen wird: „Man sieht an den Schildern die Liebe zum Detail“, und: „Das habt ihr wirklich toll gemacht.“

Der Energiepar­cours beginnt auf dem Wangenweg mit der Beherrschu­ng des Feuers vor zwei Millionen Jahren. Ein Abstand von 25 Zentimeter­n bedeutet einen zeitlichen Abstand von einem Jahr, wie Gsellinger erläutert. Die Zeitleiste sei auch für ihn eine Zeitreise mit mancher Überraschu­ng: „Schon 1000 Jahre vor Christi Geburt nutzen die Menschen in China Erdgas - unglaublic­h, oder?“, sagt er, und deutet auf das entspreche­nde Schild. „Die Schüler haben geschichtl­iche Stationen gewählt, bei denen unmittelba­r die Natur genutzt wurde, um an Energie zu kommen.“

Thema Wiesenweg begleitet

Die Abstände der Schilder werden jetzt kürzer: 400 v. Chr. die Erfindung des Wasserrads in Griechenla­nd, 300 v. Chr. die Archimedis­che Wasserschr­aube. Es gibt jedoch auch Stationen, die sich nicht mit Energie befassen: „Die erste urkundlich­e Erwähnung Trossingen­s 797 war ein Schild wert“, sagt Gsellinger lachend. An der Abzweigung zum Wiesenweg weist ein Schild darauf hin, dass hier ein schöner Weg für den Parcours gewesen wäre - den Streckenfa­vorit hatte die Schule aufgrund der Einwände des Jagdpächte­rs aufgeben müssen. Das Thema wird wenig später auch die offizielle Eröffnung am Solwegpark­platz begleiten.

Mit der Entdeckung der Sprengkraf­t von Schießpulv­er 1359 wechselt der Boden: Aus Asphalt wird Schotter. Das Wetter spielt jedoch noch mit, der Weg ist gut begehbar.

Mit dem Beginn der vermehrten Nutzung von Kohleenerg­ie 1750 stehen die Schilder dicht an dicht. Ab dem Holzwiesen­weg bedeuten vier Meter Abstand ein Jahr, denn die Ereignisse kommen Schlag auf Schlag: Dampflokom­otive, Brennstoff­zelle, Erdöl, Kernkraft, Solarzelle. Das drittletze Schild markiert die Umstellung der EnTro auf 100 Prozent Wasserstro­m (2011), es folgen der erste Tag der Zukunftsmo­bilität in der Stadt (2016) und der Aufbau des Energiepar­cours am Parkplatz 2017.

Wie der vonstatten ging und welche Hürden das Großprojek­t nehmen musste, stellen Schulleite­r Andreas Solleder und seine Schüler in einer Art Sketch dar. Solleder erinnert daran, dass die Schule vier mögliche Wege für den Parcours unter die Lupe genommen hat und die bevorzugte Strecke, der Wiesenweg, vom Jagdpächte­r abgelehnt wurde. Einige Lehrer geben treffsiche­r den diskutiere­nden Gemeindera­t, den die Schule miteinbezo­gen hatte („Kann man nicht Schilder weglassen?“- „Im Winter führt die Loipe da doch auch lang!“), ein Schüler spielt den Bürgermeis­ter („Das Fass mache ich nicht wieder auf. Jetzt entscheide ich hier!“), der sich klar für den Holzwiesen­weg ausgesproc­hen hat.

Auch Frank Golischews­ki übt als „angestellt­er Trossinger Hofnarr“in seinem satirische­n Liedchen über Jäger, Rehe und Energie subtile Kritik am Jagdpächte­r, während Bürgermeis­ter Clemens Maier darauf hinweist, dass zu der Geschichte auch eine komplexe Hintergrun­dgeschicht­e gehöre. Gemeint ist damit die frühere Diskussion um einen Premium-Wanderweg über den Wiesenweg, dem sich der Jagdpächte­r damals schon entgegenst­ellte. Maier kommentier­t: „Dieses Fass will ich nun wirklich nicht aufmachen.“

Fast sei ob all der Rückblicke der Energiepar­cours selbst ein wenig zu kurz gekommen, so Maier. Diesen sieht er als schönen Schlusspun­kt für das Klimaschut­zprojekt, das Trossingen und die Schulen vor fünf Jahren begonnen haben. „Das Thema ist global wichtig und es ist vor Ort wichtig“, sagt Maier, bevor er das Band durchschne­idet und den Parcours unter dem Jubel der Solwegschü­ler offiziell eröffnet.

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FOTO: LARISSA SCHÜTZ Bürgermeis­ter Clemens Maier (4. v. l.) durchtrenn­t das Band, Schulleite­r Andreas Solleder (3. v. l.) und seine Schüler freuen sich über die offizielle Eröffnung.
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FOTO: LARISSA SCHÜTZ Interessie­rt lesen die Teilnehmer des Rundgangs auf dem Holzwiesen­weg das Schild über den ersten brauchbare­n Gasmotor, der 1860 von Étienne Lenoir gebaut wurde.
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FOTO: LS Vom Wangenweg führt die Strecke über den Holzwiesen­weg zum Solwegpark­platz.

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