Heuberger Bote

Eine Frontfrau im 360-Grad-Format

Silly gibt sich nach 30 Jahren Bandgeschi­chte auf dem Honberg rockig

- Von Dorothea Hecht

- „Wir wollen uns nicht dem beugen, was gerade in ist“, sagt Anna Loos, Frontfrau von „Silly“im Interview. „Wir machen ein bisschen andere Musik, das war bei Silly schon immer so – und das wollen wir auch weiter durchziehe­n.“Und wie klingt es nun, dieses „Anders“? Der Eindruck vom Donnerstag­abend auf dem Honberg: laut und frech, rockig und deutsch, politisch und emotional.

Und damit gab Silly denen, die mit dem ungesunden Halbwissen „Ossiband“und „Da singt die Frau von JanJosef Liefers“ins Konzert gegangen waren, jede Menge Gründe, ihre Kenntnisse ein wenig zu erweitern. Ein bisschen Nachhilfe: 1978 in der DDR gegründet, steht die Band mit Sängerin Tamara Danz bald neben Größen wie den Puhdys oder Karat in der ersten Reihe des Ostrocks. Auch nach der Wende besteht sie weiter, erst mit dem Tod der Frontfrau 1996 kommt das unfreiwill­ige Ende. Zehn Jahre später wagt die Band mit Anna Loos, eigentlich bekannt als Schauspiel­erin, einen neuen Anfang – was sich als gelungener Schachzug erweist.

Loos hat erst gar nicht den Anspruch, ihre Vorgängeri­n zu kopieren. Sie erobert die Bühne auf ihre eigene Weise: mit rauchig-dunkler, markiger Stimme fetzt sie im 360Grad-Format über die Bretter, von einem Bandmitgli­ed zum nächsten, von alten Hits zu neuen Songs.

Viel Platz im Rampenlich­t

Wie schon im Vorab-Interview mit Regio TV räumt sie den Platz im Rampenlich­t auch gerne mal für die Kollegen: Bassist Hans-Jürgen Reznicek liefert sein Solo beim Klassiker „Bataillon d’Amour“, Rüdiger Barton liefert den Auftakt zu Furcht der Fische am Keyboard.

Neben den beiden gehört auch Uwe Hassbecker zur Kernbesetz­ung der Band, und das seit 30 Jahren. Zugegeben, es sei nicht immer einfach, „so lange zusammen zu spielen“, gab Hasbecker im Interview zu. Wer so lange zusammen spielt, bringt auch ein beeindruck­endes Alter auf die Bühne. Ohne Zahlen zu nennen – der klassische Rocker-Kniestand mit Ventilator-verwehten Haaren gelang vor 20 Jahren wahrschein­lich noch etwas lockerer.

Eingebüßt hat die Silly mit den Jahren trotzdem nichts. Songs vom neuen Album wie „Wutfänger“oder „Kampflos“zeigen, was der Band am Herzen liegt. „Es gibt soviele Brandherde auf der Welt und soviel Wut, das hat uns beim Schreiben des Albums beschäftig­t“, sagt Anna Loos. Nicht fehlen dürfen alte Klassiker wie „Verlorene Kinder“und neue wie „Alles Rot“– bei denen das Publikum entspreche­nd mitbrüllt. Das Publikum übrigens ist altersmäßi­g der Band recht nahe, nur vereinzelt gibt es junge Gesichter im Zelt – ganz hat Silly den Sprung in die Neuauflage wohl doch nocht nicht geschafft. Auch ausverkauf­t war das Konzert nicht ganz. Schade eigentlich, hatte Anna Loos doch ein Lob für die Zuhörer übrig: Sie hätten alle zu Fuß auf den Berg gehen müssen, „da haben sie auch verdient, dass wir unser Bestes geben“.

Der Support für Silly kam von „Jeden Tag Silvester“, die schon voriges Jahr auf dem Honberg überzeugte­n – und dieses Jahr neue Fans fanden.

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FOTO: VALERIE GERARDS Silly-Frontfrau Anna Loos fegte über die Bühne.

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