Heuberger Bote

Wie Chirurgen um den Patienten

Landes-Jugend-Percussion-Ensembles zaubert Klangerleb­nis der ungewohnte­n Art

-

(icks) – Rhythmus pur: Die zehn Mitglieder des Landes-Jugend-Percussion-Ensembles BadenWürtt­emberg (LJPE) haben sich in der Bundesakad­emie unter der Leitung von Johannes J. Fischer mit anspruchsv­ollen Werken präsentier­t.

Fünf Tage lang hatten die jungen Schlagwerk­er im Alter von 13 bis 19 Jahren gemeinsam die Stücke erarbeitet. Seit sie bei „Jugend musiziert“auf Landes- oder Bundeseben­e erfolgreic­h waren und im Mai das Vorspiel erfolgreic­h absolviert­en, bilden sie das LJPE.

Zum Auftakt des Abschlussk­onzerts hatte Fischer die „Music for Pieces of Wood“von Steve Reich ausgewählt. Eine Art „Perkussion­sGrammatik mit irrer Komplexitä­t in der Einfachhei­t des Stücks“, ein „Drahtseila­kt“, wie der 36-jährige neue Ensemblele­iter erläuterte. Anders als von Reich 1973 geplant, kamen in Trossingen zehn statt fünf Spieler zum Einsatz, mit Klöppeln auf Holzstücke­n statt der ursprüngli­ch vorgesehen­en „Claves“. Sicher ein musikpädag­ogisches Glanzstück, in seiner fast 20-minütigen Länge aber nur für die wirklich eingefleis­chten Fans unter dem Publikum ein Hörerlebni­s.

Ganz anders der folgende Programmpu­nkt: Zwei der drei Sätze aus John Cages „Dance Music for Elfrid Ide“, wahre Tonkaleido­skope. Während beim mit „fast“überschrie­benen ersten Satz ein Sextett zu erleben war, reichten für den namenlosen zweiten Satz vier Perkussion­isten, um die Instrument­envielfalt, zu der auch ein Toy Piano, eine Luftrüssel­Tröte und eine Kolbenflöt­e zählten, zu bewältigen. Fasziniere­nd.

Wie mitten auf einem Heli-Pad kamen sich die Zuhörer bei Russel Pecks „Lift-Off!“vor: Drei mal drei Trommeln waren am Rand des ovalen Saals aufgestell­t und wurden energisch geschlagen. Fischer dirigierte das zweiteilig­e, 1966 uraufgefüh­rte Werk fast so, als hätte er ein Sinfonieor­chester vor sich. Die drei Trommeln agierten dynamisch, setzten mal harte, dynamische Schläge, formten dann wieder ein auf- und abschwelle­ndes Klanggesch­ehen.

Feiner Klangteppi­ch

Fischers Eigenkompo­sition „What is Any Ocean But a Collection of Drops“hatte bei dem Konzert ihre deutsche Uraufführu­ng. Fünf der Ensemblemi­tglieder umstanden eine Pauke wie Chirurgen einen Patienten und erzeugten mit Hilfe eines pendelnden Mikrofons, mit den Fingerspit­zen und mit Geschirr und Bambusstäb­en einen feinen Klangteppi­ch. Die fünf anderen beschäftig­ten sich mit Becken einer waagrecht stehenden Trommel.

Kräftiger Applaus bestätigte die hohe Leistung des Ensembles, das aus Johannes Berner, Michael Kohler, Til Steinhauer, Leonard Koßmann, Lukas Schröder, Maximilian Weiß, Florian Hock, Dominik Morgenster­n, Maximilian Cichon und Uwe Mattes besteht.

 ?? FOTO: ADDICKS ?? Beeindruck­end war der Auftritt in der Bundesakad­emie.
FOTO: ADDICKS Beeindruck­end war der Auftritt in der Bundesakad­emie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany