Trend-Marketing kannte schon Hohner
Ein Rundgang durchs Harmonikamuseum ist auch einer durch die damalige Technik
TROSSINGEN - Bettwäsche mit Prinzessin Lillifee-Aufdruck oder Bob der Baumeister-Schulranzen: Wer dachte, solches Marketing sei eine Erfindung unserer Tage, liegt falsch. Schon Anfang letzten Jahrhunderts warb man gerne mit aktuellen Trends. Wie geschickt, das zeigte Thomas Fink am Sonntag bei einer Sonderführung im Trossinger Harmonikamuseum.
Denn die Hohnerleute hatten offenbar ein feines Gefühl für das, was den Leuten gefiel und gestalteten ihre Mundharmonikas entsprechend. Fink legte das Augenmerk vor allem auf die Themen Technik. Ein Instrument ist beispielsweise wie ein Automobil gestaltet - natürlich stammt es aus der Zeit, als diese gerade modern wurden und ziert statt eines Nummernschilds, das man damals noch nicht brauchte, das Konterfei von Firmengründer Matthias Hohner.
Passagiere sind zu erkennen
Aber auch die Luftfahrt war zu der Zeit ein großes Thema, allen voran der Zeppelin. Entsprechend wurden die Instrumente fein ziseliert und so bearbeitet, dass nicht nur das Fluggerät, sondern sogar die Passagiere an Bord zu erkennen sind.
„Mich erstaunt es ein wenig, dass die Eisenbahn kaum als Motiv vorkommt“, so Fink, doch möglicherweisewar das für die Hohner-Macher ein alter Hut, hatte man damals doch längst die Eisenbahn in der Region und seit 1898 sogar eine elektrische vom Staatsbahnhof nach Trossingen. Eine mit der alten grünen Lina verzierte Mundharmonika gab es aber dann doch, nämlich zur Feier ihrer Restaurierung 1990 und später zum 100. Geburtstag der Trossinger Eisenbahn.
Wie es eine der winzigen „Little Ladies“eines Tages sogar ins All geschafft hatte, erzählte Thomas Fink ebenfalls: Kommandant Walter Schirra hatte eine der winzigen Mundharmonikas in die Gemini 6 geschmuggelt, und kurz vor Weihnachten spielte er darauf Jingle Bells. Die Funkübertragung davon kann man im Harmonikamuseum anhören. „Schirra hat deswegen großen Ärger mit der NASA bekommen“, erzählte Fink, aber das war ihm der Spaß offenbar wert.
Fink erzählte auch davon, wie eng die Verbindung Hohner-Zeppelin war: Der Kommandant der Graf Zeppelin hatte immer sein Hohner-Akkordeon dabei und spielte seinen Fluggästen, darunter grundsätzlich auch Journalisten, gerne darauf vor. Einer der Werbe-Schachzüge, die zur Folge hatten, dass Hohner-Instrumente bald auf der ganzen Welt bekannt waren. Das zeigt auch ein Plakat aus dem Jahr 1857, das komplett in Englisch gehalten ist und die Firma samt Außenstellen in Aldingen und Deißlingen zeigt. Hohner habe auch in späteren Jahren Trends auf Mundharmonikas verewigt: „Es gab auch welche mit Pippi-Langstrumpf- oder FlipperMotiven.“
Fink zeigte seinen Zuhörern aber auch die erste Stechuhr von Hohner, bei der der Arbeiter die ihm zugeteilte Nummer einstechen musste - daher auch der Name des damals noch recht monumentalen Geräts. Und erläuterte an der alten Werkbank den Aufbau des Instruments und wie es gestimmt wurde. Er versprach, sich für seine nächste Führung auf die Frauen hinter so erfolgreichen Unternehmern wie Matthias Hohner oder den Grafen von Zeppelin zu konzentrieren, die ihren Männern mehr gewesen seien als nur brave, unterstützende Ehefrauen.