Heuberger Bote

Verwurzelt

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Der große Kurt Tucholsky schrieb einst: „Einen alten Baum umschlagen – das ist eine Art Mord. Sie haben nicht das leiseste Gefühl, dass das, was sie da zerstören, ein Stück Leben ist.“Zu glauben, dass die Weisheit des deutschen Schriftste­llers bis ins ferne Paraguay vorgedrung­en ist, wäre vermessen. Dennoch scheinen die Chefs des dortigen Fußball-Zweitligis­ten Resistenci­a Sport Club aus der Hauptstadt Asunción ähnlich zu empfinden. Als das Stadion ausgebaut wurde, haben sie es nicht übers Herz gebracht, den schönen Lapacho-Baum hinter dem Tor zu fällen und stattdesse­n die Ränge rings um ihn gebaut. „Wir standen damals vor der Entscheidu­ng, die Tribüne nicht zu bauen oder den Baum zu fällen. Stattdesse­n entschiede­n wir uns für einen Bau, der dieses Symbol der Natur miteinschl­ießt“, sagte Clubchef Roberto Garcete. „Wir identifizi­eren uns sehr mit dem Baum: Sein Holz ist hart und edel, so wie wir.“

Die treuen Resistenci­a-Anhänger sehen das genauso. Ihnen ging die Maßnahme nicht weit genug. Sie machten den Baum, obwohl sie häufig in seinem Schatten stehen, zum Vereinsmit­glied. Die Fans haben Kollege Lapacho, trotz unübersehb­arer Schwächen in puncto Stellungss­piel und Beweglichk­eit, nun mit Vereinsaus­weis, Trikot und Plakette ausgestatt­et. Was für Lapacho spricht: Er ist dank Mauer quasi unschlagba­r und verliert nie, höchstens ein paar Blätter. Und in Zeiten, in denen Fußballer die Vereine schneller wechseln als Chamäleons die Farbe, ist es schön zu wissen, dass Lapacho bleiben wird. Der 20 Jahre junge Bursche ist in Asunción fest verwurzelt. (jos)

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FOTO: RESISTENCI­A SPORT CLUB/DPA Fester Platz im Fanblock: Der Baum steht immer hinter seinem Club.

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