Heuberger Bote

Keine neuen Stellen für Verbrauche­rschutz

Trotz Eier-Skandal und Missstände­n in Ställen spart Grün-Schwarz bei den Kontrolleu­ren

- Von Kara Ballarin und Katja Korf

- Die Landesregi­erung will in den kommenden zwei Jahren keine neuen Amtstierär­zte oder Lebensmitt­elkontroll­eure einstellen. Das bestätigte Landwirtsc­hafts- und Verbrauche­rschutzmin­ister Peter Hauk (CDU) der „Schwäbisch­en Zeitung“am Dienstag. Damit werden genau jene Stellen nicht gestärkt, die derzeit Eier auf Rückstände von Pflanzensc­hutzmittel­n untersuche­n oder Tierhalter im Land kontrollie­ren.

Für die Landestier­schutzbeau­ftragte Julia Stubenbord ist das ein Armutszeug­nis. „Ich kann nicht nachvollzi­ehen, dass das gerade in einem reichen Land wie BadenWürtt­emberg, wo eigentlich Wert gelegt wird auf Verbrauche­rschutz, so ist“, erklärt sie.

Hauk vermutet grüne Taktik

Hauk hatte 20 Stellen gefordert, davon zwölf für die Chemischen und Veterinärm­edizinisch­en Untersuchu­ngszentren (CVUA) und acht Veterinäre. Er drang damit jedoch bei den Spitzen der Koalition aus Grünen und CDU nicht durch. Sein Kommentar: „Ich bedauere das. Angesichts der Stellenflu­t beispielsw­eise beim Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) könnten böse Zungen behaupten, dass es sich hier um eine Spitze der Grünen gegen die CDU handelt.“Der Umweltmini­ster bekommt 225 neue Stellen.

Thomas Pfisterer, Verbandsch­ef der Veterinärä­rzte im Land, zeigt sich enttäuscht: „Es ist objektiv festgestel­lt worden, dass wir den höchsten Bedarf in der gesamten Landesverw­altung haben.“Er bezieht sich auf eine Untersuchu­ng des Landkreist­ags. Der kommunale Spitzenver­band hatte untersucht, wie sich die Arbeit im Tier- und Verbrauche­rschutz entwickelt hat. Das Resultat: Die Kontrolleu­re müssen zahlreiche neue Aufgaben wahrnehmen. Neue Vorschrift­en schreiben weitere Checks von Lebensmitt­eln und Tierhaltun­g vor, immer neue Zusatzstof­fe werden bekannt. In den unteren Veterinärb­ehörden fehlten laut Landkreist­ag deshalb 167 Stellen für Lebensmitt­el- und Veterinärh­ygienekont­rolleure sowie 199 Stellen für Amtstierär­zte.

So viele Neustellen fordert Pfisterer gar nicht. „Man könnte mit zwei mal 50 in den kommenden beiden Jahren schon viel erreichen“, sagt er. Denn: „Die Kollegensc­haft ist am Limit und darüber hinaus.“Deshalb könnten Amtstierär­zte ihre Aufgaben nur unzulängli­ch erledigen.

Ein trauriges Beispiel dafür sei ein Fall aus dem Alb-Donau-Kreis. In einem Schweinema­stbetrieb herrschten unsägliche Zustände. Der Fall machte im Oktober 2016 bundesweit Schlagzeil­en. Die Staatsanwa­ltschaft Ulm ermittelt derzeit unter anderem gegen den zuständige­n Amtstierar­zt.

Dem Verbrauche­rschutz werde zu wenig Bedeutung beigemesse­n, kritisiert Veterinär Pfisterer. „Man wartet auf eine Krise. Erst wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird man aktiv. Das hat fast schon System beim Verbrauche­rschutz in Baden-Württember­g“, sagt er und erhält Rückendeck­ung von der Landestier­schutzbeau­ftragten Stubenbord. „Immer dann, wenn es brennt, gibt es neue Stellen“, sagt sie. „In vielen Ämtern ist es personell zur Zeit nicht möglich, vorbeugend­en Tierschutz zu leisten. Zeitlich ist es oft nur möglich zu handeln, wenn etwas angezeigt wird.“

Pfisterer verweist auf den aktuellen Skandal um Pflanzensc­hutzmittel in Eiern. „Das verdeutlic­ht den Zusammenha­ng zwischen Nutztierha­ltung und Lebensmitt­elsicherhe­it. Es zeigt: Wir brauchen ausreichen­de amtstierär­ztliche Kontrollen in Nutztierbe­ständen.“

Letzte Hoffnung ist der Landtag

Mit seinem Ruf nach mehr Stellen hat sich der Vertreter der Amtstierär­zte Pfisterer an Landtagsab­geordnete gewandt. Doch weder von den Grünen noch von der CDU hat er bislang eine Antwort auf seine E-Mail bekommen. Der Verbrauche­rschutzexp­erte der Grünen im Landtag Martin Grath erklärt auf Rückfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Mein Wissenssta­nd ist, dass der Aufbau an Stellen sukzessive stattfinde­t.“Schließlic­h gebe es in diesem Bereich klaren Nachholbed­arf. Er prophezeit: „Da wird etwas passieren. Ich werde mich dafür einsetzen.“

Denn auch wenn die Landesregi­erung in diesem Bereich keine neuen Stellen vorsieht – das letzte Wort bei der Haushaltsa­ufstellung hat das Parlament. Falls sich dort nichts bewegen sollte, erklärt der FDP-Verbrauche­rschutzexp­erte Friedrich Bullinger, „kann kein Grüner und kein Schwarzer mehr die Worte Tierschutz und Verbrauche­rschutz in den Mund nehmen, ohne vor Scham zu erröten.“

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FOTO: DPA Landwirtsc­hafts- und Verbrauche­rschutzmin­ister Peter Hauk (CDU) hatte 20 Stellen gefordert, drang damit aber nicht durch.

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