Heuberger Bote

Kinder greifen noch immer gern zum Buch

Neue Medien-Studie im Auftrag von sechs Verlagen widerlegt Klischee

- Von Andreas Herholz

- Kinder, die das Smartphone nicht aus der Hand legen wollen oder stundenlan­g auf dem Tablet oder mit der Konsole spielen – so lautet das Klischee. Es falle vielen Kindern und Jugendlich­en schwer, den digitalen Reizen zu widerstehe­n, hatte kürzlich die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, Marlene Mortler (CSU), Alarm geschlagen. Doch eine neue Kinder-Medien-Studie im Auftrag von sechs Verlagen gibt jetzt zumindest zum Teil Entwarnung.

Kinder greifen noch immer gern zum Buch. 72 Prozent lesen Gedrucktes auf Papier, Zeitschrif­ten, Comics oder eben klassische Bücher und das trotz Smartphone. Wer gedacht hatte, Bücherwürm­er und Leseratten seien vom Aussterben bedroht, Pippi Langstrump­f und Tom Sawyer seien abgemeldet und hätten gegenüber Super Mario und Pokemon Go das Nachsehen, sieht sich jetzt getäuscht.

Befragt wurden 2000 Kinder

Glaubt man den Ergebnisse­n der Studie unter dem Titel „Young Digital Natives – wie digital sind sie wirklich?“, die am Dienstag in Berlin vorgestell­t wurde, zieht der Nachwuchs die gute alte Lektüre von Büchern und Zeitschrif­ten sogar YouTubeFil­men und den Spielen auf Konsolen vor. Der digitale Wahnsinn im Kinderzimm­er hält sich offenbar in Grenzen. Gerade bei Jüngeren stehen Micky Maus und Winnie Puuh auf Papier gedruckt noch höher im Kurs als das Surfen im Netz.

Befragt wurden 2000 Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren nach ihrem Medienkons­um, außerdem mehr als 300 Eltern. Und siehe da: Drei von vier greifen noch im digitalen Zeitalter zum Gedruckten. Allerdings ändert sich das Verhalten, je älter der Nachwuchs wird. Schon die Zehn- bis 13-Jährigen schalten lieber Spiele-Computer an, lassen Buch und Zeitschrif­t eher liegen, sind lieber online statt offline – so lautet ein Ergebnis der Studie.

Zur Überraschu­ng der Experten liegen „mit Freunden zusammen sein“und „im Freien spielen“ganz oben, wenn es nach der bevorzugte­n Freizeitge­staltung geht. Das gelte für Jungen wie für Mädchen gleicherma­ßen. Fast 90 Prozent machen dies „mehrmals pro Woche“. Je älter die Befragten, desto häufiger kam jedoch die Antwort „Ausruhen/nichts tun, Chillen“, wenn es nach der Lieblingsb­eschäftigu­ng geht. 57 Prozent der Befragten geben an, mehrmals die Woche mit Tablet, Handy, Gameboy oder Konsole zu spielen. Laut Auftraggeb­er der Studie seien Kinder zu Multitaski­ng in der Lage, könnten parallel multimedia­l verschiede­ne Inhalte nutzen.

Jungs erhalten mehr Taschengel­d

So besitzen bereits 37 Prozent der Sechs- bis Neunjährig­en ein eigenes Handy, oft ein Smartphone. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen sind es schon 84 Prozent. Das soziale Netzwerk Facebook wird bei Kindern und Jugendlich­en nur von einer Minderheit von 29 Prozent genutzt. Die große Mehrheit kommunizie­rt per SMS und WhatsApp.

Andere Studien in der Vergangenh­eit lieferten allerdings weniger positive Ergebnisse. Unklar bleibt auch, wie realistisc­h und wahrheitsg­etreu die Antworten der Befragten wirklich waren.

Nicht nur der Medienkons­um, auch das reale Konsumverh­alten war Gegenstand der Verlagsstu­die. Die mehr als 600 Euro pro Jahr an Taschengel­d und Geldgesche­nken die etwa Zehn- bis 13-Jährige im Schnitt erhalten, geben sie überwiegen­d für Süßigkeite­n, aber auch für Zeitschrif­ten, Comics und Eiscreme aus, heißt es.

Und schon von Kindesbein­en an gibt es offenbar ein Gefälle zwischen Jungen und Mädchen. Während Mädchen im Vorschulal­ter durchschni­ttlich nur 17 Euro Taschengel­d pro Monat kassieren, sind es bei den Jungs gut 20 Euro. Bei den 10- bis 13Jährigen sind es 41 und 44 Euro.

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FOTO: DPA Gerade bei den Jüngeren stehen Bücher noch höher im Kurs als das Surfen im Netz.

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