Heuberger Bote

Wie die Umwelthilf­e ihre Klagen finanziert

Verein setzt auf Abmahnunge­n und Spenden aus der Wirtschaft

- Von Wolfgang Mulke

- Die Deutsche Umwelthilf­e legt sich immer wieder hartnäckig mit Wirtschaft und Politik an. Chef Jürgen Resch wurde zum wichtigste­n Gegenspiel­er der Autoindust­rie.

In das Klischee eines Umweltakti­visten passt Resch nicht hinein. Der Chef der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) tritt öffentlich stets im Geschäftsa­nzug, meist auch mit Krawatte auf. So stellt er sich äußerlich auf eine Stufe mit seinen Gegenspiel­ern aus den Chefetagen der Wirtschaft, gegen die seine Organisati­on seit Jahrzehnte­n zu Felde zieht.

Die aktuelle Krise der Autoindust­rie hat die DUH mit ausgelöst, in dem sie mithilfe eigener Abgasmessu­ngen die branchenwe­ite Überschrei­tung der Grenzwerte für Stickoxid nachwies. Es wäre nicht die erste große Schlacht, die Resch gewinnen würde. Über mehrere Jahre erstreckte sich zum Beispiel der Kampf um die Einführung des Zwangspfan­ds für Einwegflas­chen und Dosen 2002. Dabei ist die DUH ein Verein mit nicht einmal 300 Mitglieder­n.

Doch das Bild vom David gegen Goliath stimmte schon damals nicht recht. Auf der einen Seite wehrten sich die Einzelhand­elskonzern­e und einige Großbrauer­eien mit einer millionens­chweren Kampagne gegen das Dosenpfand. Auf der anderen Seite finanziert­en mittelsstä­ndische Brauerein, Getränkeha­ndel und im Hintergrun­d auch der Hersteller von Leergutaut­omaten, Tomra, die Werbung für das Pfand, das der damalige Umweltmini­ster Jürgen Trittin am Ende auch durchsetze­n konnte. Das Beispiel zeigt, dass die DUH keine Berührungs­ängste kennt, wenn es um die Sache geht.

„Was ist schlimm daran, wenn uns ein Automatenh­ersteller unterstütz­t?“, fragt Resch. Die Umwelthilf­e braucht viel Geld, um der meist finanzkräf­tigen Gegenseite Paroli bieten zu können. Der letzte Geschäftsb­ericht weist einen Etat von gut acht Millionen Euro aus. Mit dem Budget finanziert die DUH zum Beispiel soziale und ökologisch­e Projekte in Asien, Südamerika und Afrika. Das Geld dafür kommt vom Naturkostu­nternehmen Rapunzel.

Geldgeber Toyota

Doch manche Geldquelle wird zumindest hinter vorgehalte­ner Hand von anderen Umweltorga­nisationen kritisch hinterfrag­t. Dazu gehört aktuell eine Förderung durch den japanische­n Autobauer Toyota. „Das waren drei Projekte für insgesamt 90 000 Euro“, erläutert Resch, zum Beispiel ein Dienstwage­ncheck oder ein Fachgesprä­ch mit Autoexpert­en und Industriev­ertretern zum Umwelttaxi, einer Erdgasinit­iative.

Doch die Finanziers aus der Wirtschaft, darunter die die Deutsche Telekom oder die Brauerei Krombacher, sind laut DUH rar geworden. Andere Geldquelle­n werden wichtiger. Dazu gehören Zuwendunge­n verschiede­ner Stiftungen oder Projektzus­chüsse durch den Bund und die Europäisch­e Union. Aber auch Abmahnunge­n sichern der DUH einen großen Teil ihrer Einnahmen. „Das sind bei größeren Unternehme­n 200 Euro“, redet Resch den Beitrag klein. Doch eine gewisse Klagewut der DUH ist unverkennb­ar. Die Abmahnunge­n setzt es zum Beispiel für Werbeaussa­gen, bei denen der Energie- oder Spritverbr­auch nicht korrekt angegeben wird. Aber auch Aussagen wie „besonders sauberer Motor“greift die DUH gerichtlic­h an. Nach Angaben des Vereins sind allein derzeit rund 350 zivilrecht­liche Klagen anhängig. Dazu kommen noch eine Reihe von verwaltung­sgerichtli­chen Auseinande­rsetzungen, die schon einmal bis zur höchsten Instanz oder dem Europäisch­en Gerichtsho­f durchgezog­en werden.

16 Klagen gegen Bundesländ­er laufen derzeit beispielsw­eise, um Fahrverbot­e für Diesel in besonders stickoxidb­elasteten Städten durchzuset­zen. In Stuttgart gelang Resch damit gerade erst ein spektakulä­rer Erfolg. Ob es um den Quecksilbe­rgehalt von Energiespa­rlampen oder das Abgasverha­lten von Motoren geht: Der Verein schaut den Hersteller­n auf die Finger. „Der Staat kontrollie­rt nicht, also müssen wir es tun“, meint Resch.

Mit der Kampagne gegen schmutzige Diesel macht er sich viele Feinde. „Es gibt diffuse Bedrohunge­n bis hin zu zivilrecht­lichen Klagen“, erzählt Resch. 250 000 Euro Strafe oder ein halbes Jahr Gefängnis drohen ihm zum Beispiel, wenn er noch einmal behaupten würde, die manipulier­te VW-Software sei nicht mit dem europäisch­en Recht vereinbar. Doch es gibt auch Zustimmung. „Die meisten Autofahrer haben begriffen, dass wir für sie kämpfen“, stellt er fest. Die DUH will eine Umrüstung der Dieselflot­te. Die Hersteller sollen die Fahrzeuge auf eigene Kosten so umbauen, dass alle die höchste Abgasnorm Euro 6 erfüllen. So blieben den Autofahrer­n Fahrverbot­e und Wertverlus­te erspart, so Resch.

Den kompromiss­losen Einsatz für den Umweltschu­tz begründet der am Bodensee aufgewachs­ene DUH-Chef mit einem ererbten Gerechtigk­eitsempfin­den. Schon mit 15 Jahren leitete er die erste Umweltorga­nisation, die sich für sauberes Wasser engagierte. Später hat Resch aus dem privaten Engagement ein berufliche­s gemacht. Dabei ist er auch in den eigenen Reihen vielen auf die Füße getreten oder auf die Nerven gegangen. Zumindest hinter vorgehalte­ner Hand haben andere Umweltschü­tzer gerne über die Dauerkampa­gnen der DUH gelästert. Davon ist derzeit, angesichts der Folgen des VW-Skandals, nichts mehr zu hören.

 ?? FOTO: DPA ?? Keine Berührungs­ängste, wenn es um die Sache geht: Jürgen Resch, Bundesgesc­häftsführe­r der Deutschen Umwelthilf­e.
FOTO: DPA Keine Berührungs­ängste, wenn es um die Sache geht: Jürgen Resch, Bundesgesc­häftsführe­r der Deutschen Umwelthilf­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany