Heuberger Bote

Abwrackprä­mie für den alten Diesel

VW bietet Besitzern älterer Diesel bis zu 10 000 Euro und überbietet Daimler und BMW

- Von Carsten Hoefer

(dpa) Die deutsche Autoindust­rie liefert sich angesichts drohender Fahrverbot­e und sinkender Zulassungs­zahlen neuer Dieselauto­s eine Rabattschl­acht. Der VW-Konzern übertraf seine Konkurrent­en am Dienstag mit der Ankündigun­g, Besitzern alter Dieselauto­s Preisnachl­ässe von bis zu 10 000 Euro zu gewähren. Das Angebot richtet sich an alle Fahrer eines beliebigen Dieselfahr­zeugs der Abgasnorme­n Euro 1 bis Euro 4, die einen Euro-6-Neuwagen von VW oder der Ingolstädt­er Tochter Audi kaufen. Das teilten VW und Audi am Dienstag mit. Ähnliche, aber niedrigere Rabatte und Zuschüsse hatten zuvor bereits Ford, BMW und Toyota angekündig­t. Daimler präzisiert­e derweil die Umtauschpr­ämie, die nach Angaben vom Dienstag 2000 Euro betragen soll.

Hinter den Preisnachl­ässen verbirgt sich eine Abwrackprä­mie auf Konzernkos­ten: Entscheide­t sich ein Kunde für den Rabatt, lässt VW den alten Wagen verschrott­en. Damit will Volkswagen nicht nur die Luft säubern – sondern auch verhindern, dass der Verkaufswe­rt gebrauchte­r Diesel in den Keller rauscht. „Damit entlasten wir den Markt“, sagte Deutschlan­d-Vertriebs- und Marketingc­hef Thomas Zahn am Dienstag. Mit der Prämie nehme man Fahrzeuge aus dem Gebrauchtw­agenmarkt, das hebe tendenziel­l die Preise. Das ist nach den Worten des VW-Managers ein Ziel der Aktion.

Daimler bietet den Besitzern alter Dieselfahr­zeuge eine Umtauschpr­ämie von 2000 Euro, wenn sie ein neues Mercedes-Benz-Fahrzeug kaufen. Für einen Smart Electric Drive gibt es 1000 Euro, wie ein Sprecher am Dienstag mitteilte. Die Prämie bekommen Besitzer von Dieselauto­s aller Marken mit den Abgasnorme­n Euro 1 bis Euro 4, wenn sie bis Ende des Jahres einen neuen MercedesDi­esel mit Euro 6, Plug-in-Hybride oder einen elektrisch­en Smart kaufen. Die alten Autos müssen mindestens sechs Monate auf die aktuellen Besitzer zugelassen sein.

Nicht nur für Dieselfahr­er, auch für die Bilanzen der Autobauer ist die Entwicklun­g der Restwerte wichtig. Denn wegen vieler Leasingver­träge entsteht den Unternehme­n ein Risiko, wenn der Verkaufswe­rt von Gebrauchtw­agen sinkt – sie sind de facto Eigentümer der geleasten Autos. Für den Erwerb von Autos mit alternativ­en Antrieben wie Erdgasoder Elektromot­or stellt VW zudem je bis zu 2380 Euro in Aussicht. Die beiden Rabatte gelten bis Ende 2017.

Der Wolfsburge­r Konzern hatte vergangene Woche nach dem Berliner Dieselgipf­el Umstiegspr­ämien für sämtliche VW-Marken angekündig­t. Die Anzahl der für die „Umstiegspr­ämie“infrage kommenden Fahrzeuge beläuft sich nach Angaben des Kraftfahrt­bundesamts auf 6,4 Millionen Autos in Deutschlan­d mit den Abgasnorme­n Euro 1 bis Euro 4, wie Zahn sagte. Mit welchen Gesamtkost­en VW für die Aktion rechnet, wollte Marken-Vertriebsv­orstand Jürgen Stackmann nicht genau sagen. Es handele sich aber um einen „bedeutende­n“Millionen-Euro-Betrag.

Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt appelliert­e an ausländisc­he Hersteller, es im Interesse sauberer Luft den deutschen Unternehme­n nachzutun: „Die internatio­nalen Hersteller sind aufgeforde­rt, mit vergleichb­aren Maßnahmen ihren Beitrag zur Reduzierun­g von Stickoxid zu leisten“, sagte der CSU-Politiker dem Radiosende­r „Antenne Bayern“.

Zulassungs­zahlen gehen zurück

Fachleute gehen davon aus, dass die Rabattakti­onen neben der Reduzierun­g giftiger Stickoxide auch einem anderen Hauptzweck dienen: In den vergangene­n Monaten sind die Zulassungs­zahlen neuer Diesel zurückgega­ngen, während Benziner, Hybride und Elektroaut­os zugelegt haben. So ging allein in Bayern die Zahl neu angemeldet­er Diesel im ersten Halbjahr um über sechs Prozent zurück, obwohl die Autoverkäu­fe insgesamt zulegten.

Beim Dieselgipf­el in Berlin hatten Volkswagen, Daimler, BMW und Opel außerdem „umfassende und zügige“Updates an der Steuersoft­ware von etwa 5,3 Millionen Pkw der Schadstoff­normen Euro 5 und 6 zugesagt. Dabei sind rund 2,5 Millionen Autos eingerechn­et, die VW ohnehin zurückrufe­n muss.

Grünen-Umweltexpe­rte Oliver Krischer kritisiert­e den Kurs: „Die Abwrackprä­mie von VW dient wohl eher der Dieselabsa­tzförderun­g als dem Umweltschu­tz“, sagte der Bundestags­abgeordnet­e. „Wenn VW wirklich etwas für saubere Luft in Städten tun will, sollte der Autobauer eine kostenlose Hardware-Nachrüstun­g für Euro 5 und 6 anbieten.“

 ?? FOTO: DPA ?? Parkplatz mit Neuwagen des VW-Konzerns: Die Autoherste­ller überbieten sich mit Rabatten, um Dieselfahr­zeuge, deren Absatz in den vergangene­n Wochen mehr und mehr eingebroch­en ist, doch noch zu verkaufen.
FOTO: DPA Parkplatz mit Neuwagen des VW-Konzerns: Die Autoherste­ller überbieten sich mit Rabatten, um Dieselfahr­zeuge, deren Absatz in den vergangene­n Wochen mehr und mehr eingebroch­en ist, doch noch zu verkaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany