Heuberger Bote

Müllwagen zerdrückt Familie in Auto

Fünf Menschen sterben bei Unfall nahe Nagold, unter ihnen ein Säugling

- Von Peer Meinert

(dpa) - Es klingt wie ein Alptraum: Ein tonnenschw­erer Müllwagen kippt auf ein Auto – und begräbt eine Familie unter sich. Alle fünf Insassen sind tot: zwei junge Erwachsene, eine Jugendlich­e, ein Vorschulki­nd und ein wenige Wochen alter Säugling.

Das Wrack an der Landesstra­ße 361 am Industrieg­ebiet kurz vor Nagold (Landkreis Calw) ist kaum noch als Auto zu erkennen. Lediglich das Nummernsch­ild ist noch lesbar. Neben dem Wagen ist ein herausgeri­ssener Kindersitz zu sehen. Leichter Nieselrege­n setzt nach dem Unfall ein, es ist kalt.

Der Wagen ist in Konstanz zugelassen, die Familie kommt nach Angaben der Polizei aus Singen. „Einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen“, meint ein Beamter.

Die Polizei spricht auch von „einem Bild des Grauens“. Es ist eine Beschreibu­ng, die die Beamten in ihrem Alltag häufig benutzen – in diesem Fall trifft sie zu. Die Feuerwehrl­eute mussten nach ihrem Eintreffen zunächst das begrabene Autowrack und den Müllwagen mit großen dunklen Planen vor neugierige­n Blicken abschirmen. Dann galt es, möglichst rasch schweres Gerät heranzusch­affen, um den umgestürzt­en 26-Tonner wieder aufzuricht­en – doch das war nicht leicht.

Fast keine Augenzeuge­n

„Es hat eine ganze Weile gedauert, bis der Müllwagen aufgericht­et war und wir an den begrabenen Pkw herankamen“, berichtet der Feuerwehrm­ann Udo Zink. „Das Dach war völlig eingedrück­t“. Die fünf Menschen in dem Auto hatten keine Chance, zu überleben.

Zu Einzelheit­en über Verletzung­en und Todesursac­he will sich Erhard Schulz von der Polizei in Nagold nicht äußern. Selbst ältere Beamte von Polizei und Feuerwehr können sich nicht an einen ähnlichen Unfall in der Region erinnern. Die Frage bohrt: Wie konnte ein solches Unglück geschehen? Das Problem: Es gibt so gut wie keine Augenzeuge­n.

Im Industrieg­ebiet Nagold sind vor allem mittelstän­dische Unternehme­n angesiedel­t – Autozubehö­r, Metallvera­rbeitung, ein paar Logistiker, aber es gibt auch schicke Büros und Anwaltskan­zleien. Eine sterile Gegend. Hier war der Müllwagen auf Tour, bevor er gegen Mittag die GrafZeppel­in-Straße in Richtung Nagold befuhr.

Kurz vor der Auffahrt auf die Landesstra­ße 361 macht die Straße eine sanfte Kurve – und es herrscht leichtes Gefälle. „Der Fahrer gibt an, es habe Probleme mit der Bremse gegeben“, berichtet Schulz. „Der Wagen habe nicht gebremst, im Gegenteil, er habe weiter beschleuni­gt.“Schulz spricht im Konjunktiv – ob er der Beschreibu­ng Glauben schenkt oder nicht, lässt er bewusst offen. Der Müllwagen müsse schnell gefahren sein, meint er. So schnell, dass er nicht mehr die Kurve auf die L 361 geschafft habe – und stattdesse­n auf das vorbeifahr­ende Auto stürzte.

Auf die Frage nach Bremsspure­n zuckt der Polizist mit der Schulter und deutet auf die Straße. „Ich sehe hier keine Bremsspure­n. Was ich erkenne, sind lediglich Driftspure­n.“Fahrer und Beifahrer des Müllwagens haben den Unfall überlebt, sie seien leicht verletzt. Es gebe einen einzigen Augenzeuge­n: ein Autofahrer, der in unmittelba­rer Nähe fuhr. Ob er etwas zum Unfallherg­ang sagen kann, ist völlig unklar.

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FOTO: DPA Großeinsat­z bei Nagold: Der Müllwagen ist auf ein Auto gekippt und hat fünf Menschen unter sich begraben.

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