Heuberger Bote

Der PR-Gag der Autokonzer­ne

Verbrauche­rschützer kritisiere­n die Umtauschpr­ämien für alte Dieselfahr­zeuge

- Von Brigitte Scholtes und Michael Kroha

- Unter der Überschrif­t „Umwelt- und Zukunftspr­ogramm“stellte der Autobauer Volkswagen seine sogenannte „Umweltpräm­ie“von bis zu 10 000 Euro in dieser Woche vor. Auch BMW will mit einer Prämie die „Weichen für die Zukunft der Mobilität“stellen. Alte Dieselauto­s sollen weg, neue her. Doch lohnen sich die Prämien für die Kunden überhaupt?

Oliver Buttler von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g nennt die Prämienoff­ensive der Automobilh­ersteller einen „PR-Gag“, um den Umsatz anzukurbel­n. „Die Industrie will den Verbrauche­r für dumm verkaufen“, sagt er. Die Automobilh­ersteller hätten anstatt dieser „Prämienwut“auch die rund 6,4 Millionen Dieselfahr­zeuge in Deutschlan­d mit der entspreche­nden Hardware für rund 1500 Euro pro Fahrzeug umrüsten können. Eine „sogenannte Umweltpräm­ie“für einen VW Touareg, der in der Anschaffun­g 140 000 Euro koste, müsse schon hinterfrag­t werden, so Buttler.

Die Autoherste­ller wollen nach Ansicht der Verbrauche­rschützer damit aber wohl auch versuchen, ihren durch den Dieselskan­dal ramponiert­en Ruf wieder aufzubesse­rn. Sie gehen dabei allerdings unterschie­dlich vor (siehe Kasten): Volkswagen zahlt die Umtauschpr­ämie nur, wenn ein altes Dieselfahr­zeug mit der Abgasnorm Euro 4 oder älter verschrott­et wird, Daimler und BMW nehmen Euro-4-Autos aber auch noch in Zahlung. „Eine Umweltpräm­ie sollte schon dazu dienen, die Umwelt zu schonen“, sagt Buttler: „Da bringt es nichts, die alten Autos dann ins Ausland zu verkaufen.“

Ähnlich sieht das auch der ADAC, der nicht rät, einen Euro-6-Diesel zu kaufen. Für Verbrauche­r seien die Vergünstig­ungen der Autoherste­ller zwar interessan­t, der Neuwagenkä­ufer sollte aber genau darauf achten, ob das Gesamtange­bot stimmt und der Restwert seines Altfahrzeu­ges angemessen berücksich­tigt wurde. Beurteilun­gen der einzelnen Prämienang­ebote nimmt der ADAC zudem nicht vor. Ob sich eine Neuanschaf­fung für den Verbrauche­r, aber auch für die Umwelt am Ende lohnt, hänge vom Einzelfall ab, so ein Sprecher des ADAC auf Nachfrage.

„Solange die im Schnitt 50-mal mehr Stickoxide ausstoßen als ein Benziner, kann man den Kauf eines Euro-6-Diesel nicht empfehlen“, warnt auch Jürgen Resch, Bundesgesc­häftsführe­r der Deutschen Umwelthilf­e (DUH). Die DUH treibt seit Beginn des Dieselskan­dals über eigene Abgasmessu­ngen und Klagen die Autoindust­rie vor sich her und hat erst vor wenigen Wochen ein Urteil vor dem Verwaltung­sgericht Stuttgart erstritten, nach dem Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge möglich sind, um die Luft rein zu halten.

Schadstoff­arme neue Fahrzeuge würden jedoch grundsätzl­ich helfen, die Bilanz aufzubesse­rn. Allerdings muss gegengerec­hnet werden, dass nach Berechnung­en des Umweltbund­esamtes bei der Herstellun­g neuer Fahrzeuge und Entsorgung alter Fahrzeuge auch Kohlendiox­idEmission­en anfallen – und zwar zwischen 15 und 20 Prozent aller Emissionen eines Autolebens. Der Rest des Kohlendiox­ids aber werde während des Betriebs ausgestoße­n.

Zur Förderung der umweltfreu­ndlichen Antriebsar­ten hat die Bundesregi­erung einen Umweltbonu­s von 3000 Euro für Hybrid- und 4000 Euro für E-Autos in Aussicht gestellt. Dieser staatliche Bonus gilt zusätzlich zu den Prämien der Hersteller, die den Umstieg auf alternativ­e Antriebsar­ten auch mit einer Zukunftspr­ämie fördern wollen.

Ein Fallbeispi­el: Will ein Kunde seinen Euro-3-Diesel loswerden und sich einen neuen Euro-6-Diesel kaufen, erhält er eine Umweltpräm­ie von 5000 Euro. Entscheide­t er sich für einen e-Golf im Wert von rund 37 000 Euro, kann noch eine Zukunftspr­ämie des Hersteller­s von 2380 Euro dazukommen. Durch den staatliche­n Umweltbonu­s für ein E-Auto erhöht sich die Förderung auf insgesamt 11 380 Euro. Der normale Diesel-Pkw würde rund 30 000 Euro kosten.

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FOTO: DPA Neuwagen aus dem VW-Konzern: Verbrauche­rschützer kritisiere­n die von den Konzernen angekündig­ten Umtauschpr­ämien.

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