Heuberger Bote

Verwandte in Polen melden sich

Irndorfer Familie Schellenba­um taucht im Stammbaum der Familie Szelenbaum auf

- Von Lilia Ben Amor

- Zwei Polinnen stehen 2008 vor Siegfried Schellenba­ums Haustür in Irndorf. Sie sagen, sie seien Verwandte und hießen Szelenbaum. Skeptisch schickt er die beiden Frauen weg. Was er noch nicht weiß: Alicja und Malgorzata, beide geborene Szelenbaum, arbeiten seit 15 Jahren am Stammbaum ihrer Familie und konnten ihn bis zum Jahr 1777 rekonstrui­eren – dem Geburtsjah­r von Benno Schellenba­um, geboren in Irndorf.

„Ich hab das erst nicht ernst genommen, aber sie haben damals schon jahrelang recherchie­rt und waren auf der Suche nach ihren Vorfahren“, erinnert sich Siegfried Schellenba­um. Sein Sohn verwies die Polinnen an den Heimatfors­cher Elmar Blessing, mit dem sie weiter recherchie­ren konnten. Bei einem großen Familientr­effen in Stare Babice, einem Vorort von Warschau, haben die beiden Frauen ihre Ergebnisse und den spektakulä­ren Stammbaum der Schellenba­ums vorgestell­t.

Armut treibt Benno Schellenba­um aus Irndof fort

Hungersnot und Armut vertrieben Benno Schellenba­um im Jahre 1817 aus Irndorf. Mit seiner Frau Euphrosina Haselmeier und ihren vier Kindern wanderten sie nach Warschau aus. Sein jüngster Sohn, Mateusz Szelenbaum, ist der Urvater der gesamten polnischen Familie, mit denen sich die Irndorfer Schellen- baums trafen. Rund 300 Verwandte waren zu der Feier bei Warschau eingeladen und tauchen im Stammbaum von Alicja Szelenbaum und Malgorzata Szelenbaum-Kacprzak auf.

„2016 kamen sie nochmal und haben sich den Wohnort ihrer Vorfahren angeschaut“, sagt Hannelore Schellenba­um. Das Elternhaus von Benno Schellenba­um steht immer noch in Irndorf. Bereits dann luden die Szelenbaum­s die Schellenba­ums nach Polen zu dem Familientr­effen ein, um das 200-jährige Jubiläum von Benno Schellenba­ums Auswanderu­ng zu feiern. „Wir dachten, wenn wir schon hingehen, dann richtig“, sagt Hannelore Schellenba­um. Und so machte sich am 15. Juni eine 21köpfige Reisegrupp­e aus Irndorf, Wurmlingen, Stuttgart, Freiberg am Neckar und Bonn auf den Weg nach Stare Babice, um die polnische Familie kennenzule­rnen.

Bereits am ersten Tag besuchten die Schellenba­ums den Friedhof im Ort und waren beeindruck­t von den imposanten Grabmonume­nten. „In Irndorf gibt es vielleicht fünf oder sechs Gräber der Schellenba­ums. Dort hat es mehrere hundert“, erinnert sich Hannelore Schellenba­um. Unter anderem der Urvater der polnischen Szelenbaum­s, Mateusz Szelenbaum, ist dort begraben, sein Grabstein wurde erst frisch renoviert.

In Irndorf und Umgebung leben aktuell etwa 30 Schellenba­ums, schätzt Siegfried Schellenba­um. Bei dem Familientr­effen in Polen traf die Reisegrupp­e mehrere hundert Verwandte, von denen sie bis dahin nichts wussten. „Von diesem Benno Schellenba­um haben wir 200 Jahre nichts gehört“, sagt Toni Schellenba­um schmunzeln­d.

Deutsch-polnischer Stammbaum

Höhepunkt des Familienfe­sts war die Vorstellun­g des großen Stammbaums mit Ausführung­en des Heimatfors­chers Elmar Blessing, der ebenfalls mitgereist war, und von den Initiatore­n Alicja Szelenbaum und Malgorzata Szelenbaum-Kacprzak. „Es war toll. Ein ganzer Raum voll mit Fotos, Erinnerung­en und dem Stammbaum der Schellenba­ums und Szelenbaum­s“, erinnert sich Hannelore Schellenba­um.

Mateusz Szelenbaum hatte zwei Frauen und viele Kinder, von denen Alicja Szelenbaum und Malgorzata Szelenbaum-Kacprzak fünf Linien nachverfol­gen konnten. Fünf Linien für fünf Söhne, die die Familie Szelenbaum immer weiter vergrößert haben.

„Es war wie eine kleine Kolonie. Sie sind heute wohlhabend, weil sie damals ihr Hab und Gut immer zusammenge­halten und vergrößert haben“, sagt Siegfried Schellenba­um.

Beim Treffen in Stare Babice bekam jedes Familienmi­tglied ein Namensschi­ld in der Farbe der Linie, von der es abstammt. „Einer unserer Verwandten, ein 92-Jähriger, hat eine Rede gehalten. Er hat gesagt, die Szelenbaum­s sind alle sehr fleißig, arbeitsam und fromm“, erzählt Siegfried Schellenba­um. Weil die Irndorfer Sprachschw­ierigkeite­n hatten, übersetzte­n ihre Verwandten aus Mönchen-Gladbach für sie ins Deutsche. „Deswegen konnten wir auch keine Rede halten. Also haben wir einfach gesungen und das hat allen gefallen“, erinnert sich Siegfried Schellenba­um.

In Zukunft wollen die Irndorfer weiter Kontakt mit ihrer polnischen Verwandtsc­haft halten. „Zuerst waren wir distanzier­t, aber schon beim letzten Besuch wurde es sehr herzlich“, sagt Hannelore Schellenba­um. Bald wollen sie sich mit ihrer Reisegrupp­e treffen, Fotos anschauen und in Erinnerung­en schwelgen. „Und irgendwann sollen die Szelenbaum­s mal zu uns nach Deutschlan­d kommen. Aber vielleicht nicht alle“, sagt Hannelore Schellenba­um lachend.

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FOTO: PRIVAT Die Schellenba­ums und Szelenbaum­s sind in Stare Babice vereint: Die deutsche Reisegrupp­e mit den polnischen Organisato­ren.
 ?? FOTO: LILIA BEN AMOR ?? Franz (von links), seine Frau Toni, sein Cousin Siegfried und die Frau seines Neffen Hannelore Schellenba­um schwelgen in Erinnerung­en an das Familientr­effen in Polen.
FOTO: LILIA BEN AMOR Franz (von links), seine Frau Toni, sein Cousin Siegfried und die Frau seines Neffen Hannelore Schellenba­um schwelgen in Erinnerung­en an das Familientr­effen in Polen.
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