Heuberger Bote

Lebendige Donau – eine alternativ­e Sichtweise

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Zum geplanten Donau-Abstau in Tuttlingen haben wir diesen Brief erhalten:

Kennzeiche­n einer Diskussion ist das Aufnehmen und das Weiterentw­ickeln von Gedanken. Das in seinem Leserbrief von Dr. Kapfer aufgezeich­nete Bild der an der Donau spielenden Kinder versprüht auf den ersten Blick Charme und sollte nicht ignoriert werden. Trotzdem darf es nicht den Betrachtun­gsfokus einengen. Warum?

Die besondere Situation an der Donau erlaubt uns eine „Sowohl-alsauch“-Nutzung. Seit über 550 Jahren ist in Tuttlingen eine Zweiteilun­g der Donau vorhanden. Der obere Teil hat durch den Aufstau den Charakter eines langsam fließenden Gewässers und bietet die völlig anderen und für einen Stadtraum wichtigen Nutzungsmö­glichkeite­n eines kleinen Sees. Unterhalb des Wehrs haben wir einen fließenden Bach, mit begehbaren Uferbereic­hen, „Rauschestr­ecken“und hüfthohem Wasser. Und dort wird durch den in Kürze anstehende­n Rückbau des Ludwigstal­er Wehres der von Dr. Kapfer beschriebe­ne Idealzusta­nd noch stärker eintreten. Inwieweit dieser dann auch stadträuml­ich zufriedens­tellend umgestalte­t wird, liegt jedoch in der Zuständigk­eit des Landes. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.

Diesen Schatz einer fließenden und einer sommerlich aufgestaut­en Donau inmitten unserer Stadt sollten wir uns auf keinen Fall weg nehmen lassen. Es ist an der Zeit, dass sich die verantwort­lichen Behörden entschließ­en, sich neben den rein gewässerök­ologischen Argumenten auch den vielen Vorteilen des sommerlich­en Aufstaus der Donau zu widmen. Mit dem Wehrmanage­ment ist ein guter und weitreiche­nder ökologisch­er Kompromiss im Sinne der Wasserrahm­enrichtlin­ie erreicht. Nun gilt es endlich, die Stadt als Ganzes zu betrachten. Dass dies Gewässerök­ologen und Wasserbaui­ngenieuren teilweise schwer fallen mag, ist nachvollzi­ehbar. Die Aussagen des Umweltmini­sters reichen in dieser Diskussion jedoch nicht aus. Es geht hier um die Stadt Tuttlingen und nicht nur um die dogmatisch­e Umsetzung einer in Tuttlingen offensicht­lich besonders streng ausgelegte­n Wasserrahm­enrichtlin­ie.

Prof. Thomas Kattler, Tuttlingen

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