Die Speerspitze des DLV ist auf Kurs
Johannes Vetter, Thomas Röhler und Andreas Hofmann gehen zuversichtlich ins Finale
(SID/sz) - Johannes Vetter ging der Trubel nach seinem 91,20Meter-Wurf ziemlich gegen den Strich, Thomas Röhler gab sich betont cool, und Andreas Hofmann flirtete mit seiner Joker-Rolle: Deutschlands Speerwerfer können am heutigen Samstag bei der WM in London Geschichte schreiben. Gold, Silber, Bronze – das historische Triple ist für das DLV-Trio möglich. Das Finale (21.15 Uhr MESZ/ZDF und Eurosport) dürfte ein veritabler Krimi werden.
„Fünf Fragen, das muss reichen“, blaffte Vetter den wartenden Journalisten entgegen. Da hatte der deutsche Rekordhalter schon in einem halben Dutzend TV-Interviews seine beeindruckende Qualifikationsvorstellung erklären müssen. Dies tat er dann auch ein weiteres Mal und wurde dabei zusehends entspannter. „91,20 Meter im ersten Versuch, das ist ziemlich geil“, sagte der 24-jährige Offenburger, der nach dem weitesten Qualifikationswurf der WM-Geschichte heute als Favorit gilt. „Auch am Samstag gleich im ersten Versuch einen rauszuballern, das wäre eine coole Sache“, so Vetter. „Ich will einfach wieder mein Ding durchziehen, Vollgas geben – und dann schauen wir einfach mal, wie es sich entwickelt.“
Nicht auszuschließen, dass es für Gold in den Bereich von Vetters deutschem Rekord gehen muss. In Luzern hatte er diesen auf 94,44 Meter geschraubt und ihn Olympiasieger Thomas Röhler entrissen, der zwei Monate zuvor 93,90 Meter geworfen hatte. Röhler, lange die unangefochtene deutsche Nummer 1, zeigte sich nach dem Londoner Qualifikationspaukenschlag des Kollegen und Rivalen relativ unbeeindruckt. „Jojo hat sich überlegt, ich schocke dann mal den Rest. Damit hat er ein paar internationale Gegner psychisch aus dem Spiel genommen, dafür bin ich ihm dankbar“, sagte Röhler. Der 25-jährige Jenaer hatte sich erst im zweiten Versuch mit 83,87 Metern qualifiziert, das allerdings mit angezogener Handbremse: „Ich habe so viel investiert, wie man eben für 83 Meter braucht.“
Die Wunderweite Vetters, die zurückhaltende Vorstellung Röhlers – für das Finale hat das nicht allzu viel zu bedeuten. „Am Samstag gibt es ein komplett offenes Rennen“, sagte Röhler: „Ich sehe fünf, sechs Athleten, die in der Lage sind, vorne mitzumischen. Wir drei Deutschen, Jakub Valdeck, Keshorn Walcott, auch Tero Pitkämäki. Wir sind alle noch Jungspunde, Tero hat die Erfahrung.“
Ein wenig unter dem Radar fliegt der dritte Deutsche. Dabei ist Andreas Hofmann im WM-Jahr die Nummer 3 der Welt, in der Qualifikation überzeugte er mit 85,62 Metern. Kann er im großen Vetter-Röhler-Spiel der lachende Dritte sein? „Träumen darf man. Ich gehe da jetzt ganz locker ran“, sagte der Mannheimer. „Die da vorne haben schon über 90 geworfen, ich will auch noch über 90 werfen, das ist mein Traum. Irgendwann wird das passieren.“Ein WM-Finale wäre nicht der schlechteste Zeitpunkt.
Die drei Deutschen eint das Prädikat „Weltklasse“, sonst sind sie sportliche Gegensätze. Röhler fasste das nach der Qualifikation wie folgt zusammen: „Andreas ist mehr der Überraschungskandidat, der Mächtige, der aus wenig Anlauf sehr, sehr viel machen kann. Jojo ist der 100-ProzentWerfer, der All-in-Typ. Und ich bin der Präzise, der mit dem Speer am meisten spielt.“Spannend, welcher Typ heute gefragt ist.